Scheidungsanerkennung in Deutschland

Scheidungsanerkennung in Deutschland

Möchten Sie nach Ihrer Scheidung im Ausland in Deutschland erneut heiraten, muss Ihre vorige Ehe geschieden sein. Wurden Sie im Ausland geschieden, muss Ihre Scheidung in Deutschland meist zusätzlich anerkannt werden. Die Scheidungsanerkennung in Deutschland setzt voraus, dass die Scheidung im Ausland den Grundsätzen des deutschen Ehe- und Scheidungsrechts entspricht. Welche Scheidungen werden in Deutschland problemlos oder gar automatisch anerkannt, wann ist eine Anerkennung rechtlich problematisch?

Das Wichtigste

  • Wurden Sie im Ausland geschieden, müssen Sie für eine erneute Eheschließung Ihre Scheidung in Deutschland anerkennen lassen.
  • Ausnahmen bestehen dann, wenn Sie in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union geschieden wurden oder es sich um eine Heimatstaatscheidung handelt, bei der beide Ehepartner die ausländische Staatsangehörigkeit besitzen.
  • Zur Anerkennung Ihrer Scheidung in Deutschland empfiehlt sich, das dafür vorgesehene Formular „Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen nach § 107 FamFG“ zu verwenden und darauf zu achten, die amtlich notwendigen und beglaubigten Unterlagen in deutscher Übersetzung vollständig vorzulegen.

Kann man sich im Ausland scheiden lassen?

Sie können sich dort, wo Sie geheiratet haben, jederzeit scheiden lassen. Haben Sie als deutsche Staatsangehörige im Ausland geheiratet oder sind Sie Angehöriger des ausländischen Staates, bedarf Ihre Scheidung in Deutschland dann trotzdem noch der förmlichen Anerkennung durch die deutsche Landesjustizverwaltung. Für die Anerkennung einer ausländischen Scheidung in Deutschland gibt es ein im Detail geregeltes Verfahren.

Ausländische Scheidung in Deutschland anerkennen lassen

Wurden Sie im Ausland geschieden, ist das Recht dieses Staates maßgebend. Die Entscheidung eines Staates kann aber nur in diesem Staat wirksam sein. Es ist jedem anderen Staat freigestellt, ob und unter welchen Voraussetzungen er eine Entscheidung eines ausländischen Gerichts oder einer Behörde im eigenen Land anerkennt. Grund ist, dass die Grundsätze des eigenen Rechtssystems Maßstab sind, eine im Ausland ergangene Entscheidung im eigenen Land anzuerkennen oder in begründeten Fällen abzulehnen.

Selbst wenn Sie sich im Ausland im gegenseitigen Einvernehmen haben scheiden lassen, muss Ihre Scheidung in Deutschland anerkannt werden. Es gilt zu gewährleisten, dass bei Ihrer Scheidung im Ausland die Interessen beider Ehepartner angemessen berücksichtigt wurden. Insbesondere geht es darum, dass nach deutschem Recht auch die Scheidungsfolgen geregelt sein sollten.

Nach deutschem Recht ist es sinnvoll, zugleich die Scheidungsfolgen zum Zeitpunkt der Scheidung zu erfassen und es nicht darauf ankommen zu lassen, dass die Scheidungsfolgen erst dann Schwierigkeiten aufwerfen, wenn die Scheidung erfolgt ist. Insbesondere dann, wenn wie bei einer Privatscheidung keine staatliche Institution am Scheidungsverfahren beteiligt ist, lässt sich dieses Ziel nur sehr eingeschränkt bewerkstelligen.

Expertentipp:

Leben Sie im Ausland und möchten an Ihrem ausländischen Wohnort die Scheidung von Ihrem in Deutschland lebenden Partner beantragen, muss Ihr Scheidungsantrag dem Partner ordnungsgemäß zugestellt werden. Insoweit genügt es nicht, den Scheidungsantrag über den Nachrichtendienst WhatsApp oder Ähnliches zu übermitteln. Auch die Zustimmung des ausländischen Gerichts zu diesem Übermittlungsweg erfüllt nicht die Voraussetzungen der ordnungsgemäßen Zustellung in Deutschland (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.12.2021, Az. 28 VA 1/21).

Wann wird ausländische Scheidung anerkannt?

Sind Sie deutsche Staatsangehörige oder Angehörige eines Staates der Europäischen Union, wird Ihre ausländische Scheidung in Deutschland problemlos anerkannt, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf (Art. 21 Brüssel IIa-Verordnung 2201/2003). Lediglich Ihre in Dänemark erfolgte Scheidung muss in Deutschland noch anerkannt werden, da Dänemark die benannte Verordnung nicht unterzeichnet hat.

Wurden Sie in einem anderen ausländischen Staat geschieden, braucht Ihre Ehescheidung in Deutschland nicht förmlich anerkannt zu werden, wenn Ihre Ehe durch ein Gericht oder eine Behörde des Staates aufgelöst wurden, dem Sie und Ihr Ehepartner zum Zeitpunkt der Scheidung angehört haben. Es handelt sich um eine sogenannte Heimatstaatentscheidung nach § 107 Abs. I S.2 FamFG.

Voraussetzung ist jedoch, dass beide Ehepartner die Staatsangehörigkeit dieses Staates besessen haben. Daran fehlt es, wenn einer zur Zeit der Scheidung außer der Staatsangehörigkeit des Scheidungsstaates noch eine weitere Staatsangehörigkeit (z.B. die deutsche Staatsangehörigkeit) innehatte. Und Zweifel vorzubeugen, kann sich empfehlen, die Heimatstaatentscheidung trotzdem in Deutschland anerkennen zu lassen.

Wie erfolgt die Anerkennung in Deutschland?

Muss Ihre Scheidung im Ausland in Deutschland anerkannt werden, empfiehlt sich, das Formular „Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen nach § 107 FamFG“ zu verwenden. Ist der Antrag begründet, wird ein Bescheid mit der Feststellung erlassen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der ausländischen Scheidung in Deutschland vorliegen. Dann gilt Ihre Ehe auch in Deutschland als geschieden.

Welche Behörde ist zuständig?

In Deutschland ist die Justizverwaltung des Bundeslandes, in dem Sie Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für die Anerkennung Ihrer ausländischen Scheidung zuständig. So sind beispielsweise für das Land Nordrhein-Westfalen die Aufgaben der Landesjustizverwaltung dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf übertragen. Dort stellen Sie Ihren Antrag. Der Präsident des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat einen „Leitfaden für die Anerkennung ausländischer Ehescheidungen“ veröffentlicht. Darin finden sich eine Reihe von Informationen und Erklärungen zum Ablauf des teils komplexen Anerkennungsverfahrens.

Betrifft die Anerkennung auch Scheidungsfolgesachen?

Soweit mit der ausländischen Ehescheidung auch Scheidungsfolgesachen geregelt wurden, sind diese von der Anerkennung nicht erfasst. Möchten Sie eine Scheidungsfolgesache (z.B. Unterhalt, Sorgerecht) geregelt wissen, müssen Sie Ihren Anspruch beim deutschen Familiengericht vortragen.

Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Scheidung

Die Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung wird vornehmlich von den beteiligten Ehepartnern betrieben. Antragsberechtigt ist aber auch jede Person, die ein rechtliches Interesse daran hat, ob jemand verheiratet ist oder geschieden ist. So könnte auch Ihr(e) aktuelle(r) Verlobte(r) oder ein Erbe den Antrag stellen. Auch den Rentenversicherungsanstalten steht ein eigenes Antragsrecht zu. Die Scheidung beeinflusst nämlich auch das Erbrecht oder das Rentenbezugsrecht. Kein Antragsrecht hat jedoch der Standesbeamte, wenn Sie die Eheschließung vollziehen wollen.

Welche Unterlagen für Anerkennung der Scheidung?

Für den Antrag auf Anerkennung einer Scheidung im Ausland nach § 107 FamFG benötigen Sie:

  • Ausgefülltes und von Ihnen unterzeichnetes Antragsformular „Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen nach § 107 FamFG“.
  • Nachweis, dass Sie im Ausland geheiratet haben durch Vorlage der Heiratsurkunde, Familienstammbuch, Auszug aus dem Heiratsregister.
  • Nachweis der bestandskräftigen Auflösung Ihrer Ehe im Scheidungsstaat durch Vorlage der Scheidungsurkunde.
  • Überbeglaubigung der von Ihnen vorgelegten ausländischen Urkunden. Überbeglaubigung (Legalisation) ist die Bestätigung durch den konsularischen oder diplomatischen Vertreter des Scheidungsstaates, dass die Unterschrift auf der Urkunde echt ist und der Unterzeichner zur Ausstellung öffentlicher Urkunden berechtigt ist. Zur Vereinfachung der Überbeglaubigung haben einige Staaten das Haager Übereinkommen von 1961 geschlossen. An die Stelle der Legalisation tritt die Apostille. Die Apostille wird von der zuständigen Behörde des Errichtungsstaates der Urkunde erteilt.
  • Deutsche Übersetzung aller fremdsprachlichen Dokumente, die durch einen von der deutschen Landesjustizverwaltung ermächtigten Übersetzer angefertigt wurden.
  • Originalausfertigung der vorzulegenden Unterlagen.
  • Identitätsnachweis der Person, die die Anerkennung beantragt.
  • Schriftliche Vollmacht, wenn Sie sich durch eine bevollmächtigte Person vertreten lassen (z.B. Rechtsanwalt).
  • Nachweis Ihrer Einkünfte zur Berechnung der Verfahrenskosten.

Praxistipp:

Das Verfahren zur Anerkennung einer im Ausland erfolgten Scheidung in Deutschland setzt voraus, dass das Antragsformular ordnungsgemäß ausgefüllt und die notwendigen Unterlagen beigefügt werden. Damit sind eine ganze Reihe von Hürden und Schwierigkeiten verbunden. Es empfiehlt sich, dass Sie sich möglichst anwaltlich vertreten lassen. Nur so lässt sich gewährleisten, dass das Verfahren in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen abläuft.

Dauer einer Anerkennung einer ausländischen Scheidung

Die Dauer des Verfahrens hängt davon ab, ob der Antrag richtig ausgefüllt und die notwendigen Unterlagen vollständig vorgelegt wurden. Ist dies der Fall, ist mit einer Bearbeitungsdauer von drei bis sechs Monaten zu rechnen.

Was kostet die Anerkennung einer ausländischen Scheidung?

Das Anerkennungsverfahren ist gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühren hängt von Ihrem Einkommen und der Sachlage im Einzelfall ab, einen festgelegten Gegenstandswert gibt es für die Anerkennung der ausländischen Scheidung so nicht. Rechnen Sie mit Gebühren zwischen 15 EUR und ca. 300 EUR (§ 4 JVKostG). Hinzu kommen die Kosten der Legalisation oder Apostille sowie die Kosten für die Übersetzung der in der ausländischen Sprache verfassten Dokumente.

Wann ist die Anerkennung problematisch oder ausgeschlossen?

Die Anerkennung einer Scheidung im Ausland in Deutschland setzt voraus, dass die ausländische Scheidung deutschen rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht (§ 109 FamFG). Die Rechtsprechung hat immer wieder Anlass, ausländische Scheidungsverfahren zu beurteilen.

Beispiel: Scheidung vor einem Notar (Privatscheidung)

In Deutschland können Sie nur durch richterlichen Beschluss geschieden werden. Wird eine Scheidung im Ausland durch eine private Vereinbarung über die Auflösung der Ehe bewirkt, kann die Scheidung in Deutschland nicht anerkannt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Privatscheidung in einem gerichtsförmigen Verfahren überwacht wurde.

Die Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen vor einem Notar in Nicaragua (auch in Brasilien , Kuba, Kolumbien ) ist eine Privatscheidung ohne hoheitlichen Akt (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1.12.2020, Az. 1 VA 1001/20). Zwar steht eine über die Scheidung errichtete notarielle Urkunde einem gerichtlichen Urteil gleich. Dennoch beruht diese Scheidung allein auf den Erklärungen der Ehepartner. Allein der Wille der Ehepartner ist Maßstab der Auflösung der Ehe. Da ein Notar nur allgemein beratende und beurkundende Funktion ausübt, spricht er nicht selbst die Scheidung aus, sondern beurkundet nur die Absicht, die Ehe aufzulösen. Daran ändert auch nichts, dass in Nicaragua die Gerichte entlastet werden sollen und deshalb die Scheidung auch vor einem Notar beurkundet werden kann. Die Anerkennung in Deutschland kommt daher nicht in Betracht. Gleiches gilt im Regelfall für die Auflösung einer Ehe vor Notaren anderer Länder.

Ausnahme: Standesamt-Scheidung im EU-Ausland

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 15.11.2022 (Aktenzeichen C-646/20) entschieden, dass eine nichtgerichtliche Scheidung im EU-Ausland in Deutschland ggf. automatisch anzuerkennen ist. Dazu muss die Scheidung getreu den Vorschriften des EU-Mitgliedstaates entsprechend durchgeführt worden sein. Dann handele es sich um eine Entscheidung im Sinne der Brüssel-IIa-Verordnung. In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Scheidung eines deutsch-italienischen Paares , das sich nach italienischem Recht standesamtlich scheiden ließ. Der Standesbeamte stellte nämlich sicher, dass

  • das Einvernehmen zur Scheidung vorlag,
  • aus freien Stücken
  • und in Kenntnis der Sachlage erteilt wurde,
  • und die Ehescheidungsvereinbarung rechtlich nicht zu beanstanden war.

Deswegen war die Standesamt-Scheidung in Deutschland automatisch anzuerkennen.

Beispiel: Scharia-Scheidung (Privatscheidung)

Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass die durch eine einseitige Erklärung eines Ehepartners vor einem geistlichen Scharia-Gericht in Syrien ausgesprochene Scheidung eine Privatscheidung darstelle. Dort hatte der Ehepartner durch einen Bevollmächtigten vor einem Scharia-Gericht die Scheidung aussprechen lassen, auf die hin das Gericht die Auflösung der Ehe feststellte. Da ein durch die einseitige Erklärung eines Ehepartners vor einem geistlichen Gericht bewirkte Ehescheidung nicht mit deutschen Rechtsgrundsätzen vereinbar ist, könne eine solche Privatscheidung in Deutschland nicht anerkannt werden (EuGH, Urteil vom 20.12.2017, Az. 3 C 372/16).

Beispiel: Fehlende Anhörung im Scheidungsverfahren

Ein wichtiger Grundsatz des deutschen Rechts besteht darin, dass in einem gerichtlichen Verfahren jede Partei das Recht auf Anhörung hat. Wird das Recht auf Anhörung nicht gewährt, kann eine Scheidung in Deutschland nicht anerkannt werden. Jeder muss Gelegenheit haben, sich auf das Scheidungsverfahren einzulassen und zum Scheidungsantrag des anderen Stellung zu nehmen. Voraussetzung dafür ist mithin die ordnungsgemäße Zustellung des Scheidungsantrags.

Beispiel: Verstoß gegen „ordre public“

Auch sonstige Verstöße gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts („ordre public“) verhindern die Anerkennung einer ausländischen Scheidung. So ist beispielsweise eine Scheidung, die auf Antrag eines Dritten wegen „Abfalls vom rechten Glauben“ erfolgt, nicht anerkennungsfähig. Gleiches gilt, wenn ein Ehepartner die Scheidung durch Prozessbetrug erlangt hat, indem er gefälschte Unterlagen vorgelegt oder mit der Falschaussage eines Zeugen die Scheidung erreicht hat.

Ausklang

Die Anerkennung Ihrer ausländischen Scheidung in Deutschland ist ein sehr förmliches Verfahren. Möchten Sie das Ziel zuverlässig erreichen, sollten Sie sich möglichst anwaltlich beraten und vertreten lassen. Nur so vermeiden Sie, dass Sie sich in dem bürokratischen Verfahren verlieren.

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Autor iurFRIEND-Redaktion

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