Härtefallscheidung

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Wann kann ich vorzeitig geschieden werden?

Scheidungen sind eigentlich immer mit persönlichen Härten verbunden. Wahrscheinlich empfinden Sie Ihre auch als einen Härtefall. Dennoch genügt diese Einschätzung nicht, um eine Härtefallscheidung zu begründen. Nur in begründeten Ausnahmefällen können Sie vorzeitig geschieden werden und brauchen nicht abzuwarten, bis das vom Gesetz geforderte Trennungsjahr abgelaufen ist. Wir erklären Ihnen, was eine Härtefallscheidung bedeutet und wann Sie vorzeitig geschieden werden können.

Das Wichtigste

  • Im Regelfall müssen Sie das Trennungsjahr vollziehen. Erst danach können Sie Ihren Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen.
  • In Ausnahmefällen kommt die vorzeitige Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres in Betracht. Die Rede ist von der Härtefallscheidung.
  • Eine Härtefallscheidung erfordert handfeste Gründe in der Person Ihres Ehepartners, die es Ihnen unzumutbar erscheinen lassen, Ihre Ehe auch nur noch formal bis zum Ablauf des Trennungsjahres aufrechtzuerhalten.
  • Subjektive Befindlichkeiten oder Gründe in Ihrer Person rechtfertigen keine vorzeitige Scheidung.
  • Die Rechtsprechung hat in einer Reihe von Entscheidungen Fälle herausgearbeitet, in denen Härtefallscheidungen anerkannt, aber auch abgelehnt wurden. In Kenntnis dieser Fälle können Sie Ihre eigene Situation besser einschätzen.

Was ist die Regel, um überhaupt geschieden zu werden?

Ihre Ehe wird geschieden, wenn Sie wenigstens ein Jahr getrennt voneinander gelebt und das Trennungsjahr vollzogen haben. Dann unterstellt das Gesetz, dass Ihre Ehe gescheitert ist. Auf die Ursachen und Gründe kommt es nicht an. Auch Eheverfehlungen spielen keine Rolle.

Ihre Ehe kann geschieden werden, wenn Sie das Trennungsjahr vollzogen haben.
Schaubild: Ihre Ehe kann geschieden werden, wenn Sie das Trennungsjahr vollzogen haben.

Von der Regel, dass Sie das Trennungsjahr vollzogen haben müssen, gibt es eine Ausnahme. Wir sprechen von einer Härtefallscheidung. In solchen Ausnahmefällen können Sie vorzeitig vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Sie die Scheidung einvernehmlich im Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner betreiben oder ob Ihr Ehepartner die Scheidung bestreitet und Ihre Scheidung streitig verläuft. Die Härtefallscheidung stellt nur darauf ab, dass Sie vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden wollen. Sie begehren dann eine Ausnahme von der Regel.

Gut zu wissen:

Vielfach ist die Rede von Blitzscheidungen. Blitzscheidungen gibt es nicht. Jede Scheidung ist mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden. Auch die Härtefallscheidung funktioniert nicht wie der Blitz. Das Gesetz stellt für jede Scheidung klare Voraussetzungen auf.

Was ist eine Härtefallscheidung?

Lassen Sie sich so scheiden, dass Sie im Regelfall das Trennungsjahr vollziehen, können Sie Ihre Scheidung mit einer ordentlichen Kündigung vergleichen. Das Trennungsjahr ist die Kündigungsfrist.

Trennungsjahr

Der Gesetzgeber sieht das Trennungsjahr vor, damit Ehen nicht leichtfertig...

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Checkliste

Eine Härtefallscheidung hingegen kommt einer fristlosen Kündigung Ihrer Ehe gleich. Eine fristlose Kündigung und damit auch die Härtefallscheidung ist deshalb gerechtfertigt, da es Ihnen nicht zuzumuten ist, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Ist es Ihnen also nicht zuzumuten, das Trennungsjahr zu vollziehen, können Sie in Ausnahmefällen vorzeitig geschieden werden. Sie beantragen dann eine Härtefallscheidung.

Was sind die Voraussetzungen einer Härtefallscheidung?

So gut wie jede Scheidung ist mit persönlichen Härten verbunden. Denn Ihre Ehe ist gescheitert. Trotzdem mutet es Ihnen das Gesetz zu, im Regelfall das Trennungsjahr zu vollziehen. In dieser Trennungszeit sollen Sie sich bewusst werden, ob Sie die Scheidung wirklich wollen oder ob Sie die Chance sehen, Ihre eheliche Lebensgemeinschaft fortzusetzen. Jetzt gibt es aber Lebenssituationen, in denen von vornherein klar ist, dass Ihre Ehe keine Chance mehr hat.

Die Härtefall&shyscheidung stellt eine klare Ausnahme von der Regel dar.
Schaubild: Die Härtefall­scheidung stellt eine klare Ausnahme von der Regel dar.

Um von der Regel Ausnahmen zuzulassen und eine Härtefallscheidung zu begründen, müssen Sie folgende Aspekte prüfen:

Ist Ihre Ehe gescheitert?

Ob Ihre Ehe gescheitert ist, ist an sich Ihre subjektive Einschätzung. Gerade dann, wenn Sie eine vorzeitige Scheidung im Wege einer Härtefallscheidung ins Auge fassen, ist wohl davon auszugehen, dass Ihre Ehe gescheitert ist. Da es sich bei einer vorzeitigen Scheidung um eine Ausnahmesituation gegenüber der lediglich gescheiterten Ehe handeln muss, kommt eine vorzeitige Scheidung bei reinen Schwierigkeiten, Unstimmigkeiten oder ehetypischen Zerwürfnissen nicht in Betracht.

Was nicht zusammen kann Bestehen, tut am besten sich zu lösen.

Friedrich Schiller (1759 - 1805)

Leben Sie räumlich getrennt?

Mit Ihrer räumlichen Trennung offenbaren Sie, dass Ihre Ehe gescheitert ist. Solange Sie noch in einer Wohnung zusammenleben, spricht dies jedenfalls gegen eine Härtefallscheidung. Sie sollten die Trennung also unbedingt räumlich vollziehen.

Gut zu wissen:

Wenn Sie die räumliche Trennung von Ihrem Ehepartner vollziehen, entschärft sich Ihre Situation möglicherweise. Die Gründe, die für eine vorzeitige Härtefallscheidung sprechen, erscheinen Ihnen möglicherweise als nicht mehr so schwerwiegend. Vielleicht empfinden Sie Ihre Situation jetzt als so entlastend, dass es Ihnen leicht fällt, das Trennungsjahr abzuwarten und ganz normal nach Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung zu beantragen.

Besteht in der Person Ihres Ehepartners ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Scheidung?

Das Gesetz stellt ausdrücklich darauf ab, dass in der Person Ihres Ehepartners ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Scheidung bestehen muss. Gründe, die in Ihrer Person bestehen und für eine vorzeitige Scheidung sprechen, bleiben außer Betracht.

Praxisbeispiel:

Sie sind aufgrund einer außerehelichen Beziehung schwanger. Sie möchten vorzeitig geschieden werden, damit Sie Ihren neuen Partner heiraten können und das Kind ehelich geboren wird. Oder Sie sind aufgrund Ihrer ehelichen Sprachlosigkeit so depressiv, dass Sie den Partner nicht mehr länger ertragen.

Legen Sie den Grund für die Unzumutbarkeit des Trennungsjahres konkret dar.
Legen Sie den Grund für die Unzumutbarkeit des Trennungsjahres konkret dar.

Sie müssen in Ihrem Scheidungsantrag konkret darlegen, welche Umstände in der Person Ihres Ehepartners es Ihnen unzumutbar machen, Ihre Ehe bis zum Ablauf der Trennungszeit fortzusetzen. Dazu genügt es nicht, dass Sie behaupten, Ihr Ehepartner drohe Ihnen ständig mit Gewalt oder vertrinke den Lebensunterhalt. Rein subjektive Befindlichkeiten interessieren nicht. Es muss Ihnen nicht mehr zuzumuten sein, die Situation, so wie sie ist, weiterhin zu ertragen. Sie müssen sich die Frage stellen, ob ein „vernünftiger Dritter“ bei Abwägung aller Umstände gleichfalls die Scheidung beantragen würde.

Gut zu wissen:

Dauert die Situation bereits lange Zeit an, ohne dass Sie die Scheidung betrieben hätten, kann Ihnen nicht vorgehalten werden, Sie hätten die Scheidung schon früher vollziehen müssen. Ihr Recht auf Scheidung können Sie nicht „verwirken“. Haben Sie die Trunksucht Ihres Partners über Jahre hinweg ertragen, lässt sich dennoch eine unzumutbare Härte für eine vorzeitige Härtefallscheidung rechtfertigen.

Welche Fälle rechtfertigen eine Härtefallscheidung?

Das Gesetz kann nur pauschale Vorgaben für eine vorzeitige Härtefallscheidung machen. Letztlich ist es der Rechtsprechung überlassen, in welchen Lebenssituationen tatsächlich eine Härtefallscheidung anerkannt wird und die Ehe vorzeitig geschieden werden darf. Anhand der nachstehenden Beispiele können Sie Vergleiche zu Ihrer eigenen Lebenssituation ziehen und einschätzen, ob Sie eine vergleichbare Situation begründen können.

Gut zu wissen:

Ihr Rechtsanwalt muss Ihren Scheidungsantrag formulieren. Möchten Sie vorzeitig geschieden werden, müssen Sie Ihrem Anwalt alles sagen, was für eine vorzeitige Scheidung spricht. Beschönigen Sie nichts. Verschweigen Sie nichts. Vor allem übertreiben Sie nicht. Versuchen Sie so sachlich wie möglich zu bleiben. Überlassen Sie es Ihrem Anwalt, einzuschätzen, ob sich aufgrund Ihres Sachvortrags eine Härtefallscheidung begründen lässt. Es nutzt nichts, einen Sachverhalt vorzutragen, der den Richter nicht überzeugt. Ist der Richter nicht überzeugt, weist er Ihren Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurück. Dann sind Sie möglicherweise erst recht frustriert und deprimiert.

Lebenssituationen, in denen eine Härtefallscheidung anerkannt wurde

  • Der Ehepartner nahm eine neue Beziehung auf, während der andere lebensbedrohlich erkrankt war. Der Treuebruch allein hätte noch keinen Härtefall begründet. Angesichts der gesundheitlichen Situation der Ehefrau sei der Treuebruch aber besonders verletzend gewesen. Da die Frau besonders verletzlich und hilflos war, habe sie zudem keine Perspektive für ihr weiteres Leben mehr gehabt (OLG Stuttgart 11 WF 76/15)
  • Der Ehepartner wurde durch heftige Schläge misshandelt und aus der gemeinsamen Wohnung ausgesperrt (OLG Schleswig SchlHA 1977, 171)
  • Der Ehepartner wurde in Anwesenheit der fünf gemeinsamen Kinder angespuckt und misshandelt (AG Düsseldorf FamRZ 1977, 804)
  • Der Ehepartner war Alkoholiker, versoff den Lebensunterhalt der Familie, hatte zwei Entziehungskuren abgebrochen und wurde gegen die Ehefrau und Kinder tätlich (AG Bamberg FamRZ 1980, 577)
  • Der Ehepartner wurde durch den Geschlechtsverkehr mit der 19-jährigen vorehelichen Tochter der Ehefrau sexuell erniedrigt (OLG Schleswig SchlHA 1977, 187)
  • Der Ehepartner ging der Prostitution nach (OLG Bremen 5 WF 66/95)
  • Der Ehepartner stand in einer sexuellen Beziehung zum Geschwister des Ehepartners (OLG Köln 27 WF 187/02)
  • Der Ehepartner bedrohte den anderen nachhaltig und ernstzunehmend mit dem Tod (OLG Brandenburg 9 UF 166/00)

Die Hochzeit ist im Vergleich zu einem Rosenkrieg ein echtes Schnäppchen.

Scheidung.de

Lebenssituationen, in denen eine Härtefallscheidung abgelehnt wurde

  • Der Ehepartner verdiene Abscheu, die Fortsetzung der Ehe mit ihm wäre eine Strafe (LG Stuttgart NJW 1978, 275)
  • Der Ehepartner hatte den anderen im Affekt einmalig körperlich misshandelt, wurde dabei aber vom anderen provoziert (OLG Stuttgart 17 UF 411/00)
  • Die Ehe war von Beginn an gescheitert, da keine eheliche Lebensgemeinschaft begründet wurde und die Ehepartnerin sich weigerte, ihren 68-jährigen Ehegatten sowie dessen 90-jährige Mutter zu versorgen (AG Celle NJW 1994, 334)
  • Übelste Beschimpfungen des Ehepartners (AG Saarbrücken FamRZ 1978, 114)
  • Die Ehepartner hatten eine Scheinehe geschlossen und wollten keine eheliche Verantwortungsgemeinschaft begründen. Zweck der Ehe war allein, dem ausländischen Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen (BGH FamRZ 1981, 129)

Expertentipp:

Die beispielhaften Entscheidungen aus der Rechtsprechung sind keine allgemeingültigen Maßstäbe. Jeder Fall ist ein Einzelfall. Was ein Gericht im Einzelfall als Härtefall eingeordnet hat, kann von einem anderen Gericht ganz anders beurteilt werden. Entscheidend kommt es also auf Ihren Sachvortrag in Ihrem Scheidungsantrag an. Sie sind in der Beweispflicht. Zweifel gehen stets zu Ihren Lasten. Vor allem dann, wenn Ihr Ehepartner Ihren Sachvortrag bestreitet, müssen Sie von vornherein so sachlich, überzeugend und nachweisbar vortragen, dass Sie die Gegenwehr Ihres Ehepartners auf ein Minimum reduzieren.

Kann ich vorzeitig geschieden werden, wenn ich die Trennungszeit kürzer vereinbare?

Um die Schwierigkeiten einer Härtefallscheidung zu vermeiden, könnten Sie auf die Idee kommen, in Absprache mit Ihrem Ehepartner das Trennungsjahr zu verkürzen. Sie behaupten dann, dass Sie ein Jahr getrennt leben, obwohl Sie vielleicht gerade erst aus der ehelichen Wohnung ausgezogen sind. Vor derartigen Absprachen sollten Sie möglichst ablassen. Sie verstoßen damit klar gegen das Gesetz. Das Gesetz fordert aus guten Gründen das Trennungsjahr.

Es ist keine gute Idee, das Trennungsjahr wahrheitswidrig zu verkürzen.
Schaubild: Es ist keine gute Idee, das Trennungsjahr wahrheitswidrig zu verkürzen.

Das Risiko besteht darin, dass Sie in Ihrem Scheidungsantrag vortragen müssen, dass Sie ein Jahr getrennt gelebt haben. Behauptet Ihr Ehepartner dann im mündlichen Scheidungstermin entgegen Ihrer Absprachen, dass das Trennungsjahr eben noch nicht abgelaufen ist, müsste der Richter Ihren Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurückweisen. Dabei steht auch der Verdacht des Prozessbetruges im Raum.

Gut zu wissen:

Erwarten Sie von einer vorzeitigen Scheidung nicht zu viel. Das Trennungsjahr können Sie auch dadurch entschärfen, dass Ihr Rechtsanwalt Ihren Scheidungsantrag bereits etwa sechs bis acht Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres bei Gericht einreicht. Wird Ihr Scheidungsverfahren dann in die Wege geleitet, ist das Trennungsjahr meist abgelaufen. Insoweit sind Sie nicht unbedingt darauf angewiesen, den Aufwand einer Härtefallscheidung betreiben zu müssen. Berücksichtigen Sie, dass auch die Beantragung einer Härtefallscheidung einen höheren Bearbeitungsaufwand beim Gericht fordert und Sie auch im Hinblick auf Ihre besondere Situation nicht über Nacht geschieden werden können.

Fazit

Die Ehe ist ein hohes Gut. Wäre sie dies nicht, hätten Sie vielleicht nicht geheiratet. Jede Ehe beinhaltet Lebensrisiken. Verläuft Ihre Ehe problematisch, müssen Sie die Ehe nach Vorgabe des Gesetzes auf den Prüfstand stellen und im Regelfall das Trennungsjahr vollziehen. Nur in begründeten Ausnahmefällen kommt eine vorzeitige Scheidung in Betracht. Ob sich daraus wirklich handfeste Vorteile ergeben, erscheint im Hinblick auf die strengen Voraussetzungen einer Härtefallscheidung eher fraglich.

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Autor Volker Beeden

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