Gibt es wegen des Lockdowns mehr Scheidungen?
Bereits während des Lockdowns im Frühjahr 2020 wurde gemutmaßt oder gar behauptet, dass die Zahl der Scheidungen stark steigen werden. Begründet wurde diese Einschätzung damit, dass die Menschen in der Wohnung und oft auf engem Raum zusammenleben müssten und Schwierigkeiten hätten, mit dieser persönlichen und räumlichen Enge zurechtzukommen. Ob sich daraus tatsächlich mehr Scheidungen ergeben, lässt sich erst frühestens im Frühjahr 2021 zuverlässig feststellen. Bis dahin ist nämlich erst das Trennungsjahr abgelaufen, so dass Paare erst ab etwa Frühjahr 2021 die Scheidung beantragen können.
Ob der jetzt über den Jahreswechsel 2020/21 verordnete Lockdown gleichfalls zur Steigerung der Scheidungsraten beitragen wird, ist genauso wenig vorherzusagen. Allgemein ist festzustellen, dass die Scheidungsraten nach längeren Urlauben oder gerade auch nach Weihnachten erfahrungsgemäß etwas ansteigen. Grund ist auch hier meist, dass die Paare Schwierigkeiten hatten, die freien Tage so miteinander zu verbringen, dass alles reibungslos verlaufen wäre. Die räumliche Enge provoziert offenbar Probleme, mit denen nicht jeder angemessen umzugehen weiß. Die Situation bringt dann oft das Fass zum Überlaufen und es kommt zur Trennung und Scheidung.
Auch wenn Sie sich getrennt haben und Ihrer Ehe dennoch noch eine Chance geben möchten, sollten Sie einen Versöhnungsversuch ins Auge fassen. Ein Versöhnungsversuch, der in Abhängigkeit von der Dauer Ihrer Ehe einen überschaubaren Zeitraum von sechs Wochen bis ca. drei Monaten nicht überschreiten sollte, hindert den Ablauf des obligatorischen Trennungsjahres nicht. Scheitert Ihre Versöhnung, läuft das Trennungsjahr ungeachtet Ihres kurzzeitigen Zusammenlebens fort. Sie können dann mit Ablauf des Trennungsjahres den Scheidungsantrag einreichen.
Finden Scheidungstermine statt?
Die Familiengerichte arbeiten weitgehend normal. Im Frühjahr 2020 war es noch so, dass der Publikumsverkehr bei Gericht stark eingeschränkt oder auf Einzelfälle beschränkt wurde. Scheidungstermine wurden teils verschoben oder bis auf Weiteres aufgehoben. Da die Gerichte sich auf die Gegebenheiten eingestellt haben, verläuft vieles normal. Es obliegt allerdings dem einzelnen Richter, zu entscheiden, ob und wie er/sie seine Termine organisiert.
Soweit Sie 2021 zu einem mündlichen Scheidungstermin vor dem Familiengericht geladen wurden, sollten Sie davon ausgehen, dass dieser Termin stattfinden wird. Soweit Sie auf Ihren Termin warten, sollten Sie davon ausgehen, dass das Familiengericht trotz der Corona-Einschränkungen irgendwann einen Termin für Ihre Scheidung anberaumen wird. Gegebenenfalls fragen Sie Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt, der aufgrund seiner Erfahrungen in anderen Scheidungsverfahren sicherlich eine Einschätzung geben kann, wann Ihr Termin an der Reihe sein wird.