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Scheidung

Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile

Wurde Ihre Ehe im Ausland geschieden, können Sie Ihre ausländische Scheidung in Deutschland anerkennen lassen. Die Anerkennung ist mithin Voraussetzung, wenn Sie in Deutschland erneut heiraten wollen. Die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile erfolgt aber nur, wenn die Scheidung im Ausland deutschen Rechtsgrundsätzen entspricht. Maßgeblich kommt es darauf an, dass Ihre Scheidung im Ausland vor einer staatlichen Institution erfolgt ist. Privatscheidungen vor einem Notar oder einem religiösen Gericht werden nicht anerkannt.

Warum muss Ihr Scheidungsurteil in Deutschland anerkannt werden?

Entscheidungen ausländischer Institutionen sind nur in dem Staat wirksam, in dem diese erlassen wurden. Es steht jedem Staat frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er die Entscheidung einer ausländischen Institution im eigenen Land anerkennt. Wollte man ausländische Entscheidungen immer bedingungslos anerkennen, müsste man in Kauf nehmen, eigene rechtsstaatliche Grundsätze als nachrangig zu betrachten und damit das eigene Rechtssystem infrage zu stellen. Deshalb muss Ihre im Ausland ergangene Scheidung in Deutschland ausdrücklich anerkannt werden.

In Deutschland erfolgt die Scheidung immer durch richterlichen Beschluss. In der Entscheidung des Gesetzgebers kommt die Grundsatzentscheidung des Scheidungs- und vor allem Scheidungsfolgenrechts zum Ausdruck, wonach über die Scheidung einer Ehe immer ein Gericht zu befinden hat. So soll gewährleistet werden, dass bei der Auflösung und der Abwicklung einer Ehe die Interessen beider Ehepartner angemessen berücksichtigt werden.

Dies gilt auch dann, wenn Sie sich im gegenseitigen Einvernehmen scheiden lassen wollen. Auch dann muss gewährleistet sein, dass die Interessen beider Ehepartner angemessen berücksichtigt werden und sich ein Ehepartner nicht der Vorstellung hingibt, dass seine Interessen angemessen berücksichtigt sind, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist. Nur so lässt sich zudem vorsorgen, dass Scheidungsfolgen erst dann Komplikationen aufwerfen, wenn die Scheidung erfolgt ist. Ziel des Gesetzes ist es deshalb, auch die Scheidungsfolgen im Zeitpunkt der Scheidung unter der Federführung des Familiengerichts angemessen zu erfassen. Bei Privatscheidungen, bei denen keine staatlichen Institutionen beteiligt sind, kann dieses Ziel nur eingeschränkt berücksichtigt werden.

Welche ausländischen Scheidungsurteile werden problemlos anerkannt?

Grundsätzlich bedürfen alle Entscheidungen in Ehesachen der förmlichen Anerkennung in Deutschland (§ 107 FamFG). Eine im Ausland geschiedene Person wird nämlich vor der Anerkennung der ausländischen Ehescheidung in den deutschen Personenstandsbüchern als „verheiratet“ geführt. Von diesem Grundsatz gibt eine ganze Reihe von Ausnahmen.

Scheidung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union

Soweit Ihre Scheidung in einem Staat der Europäischen Union ausgesprochen wurde, wird Ihre Scheidung in Deutschland problemlos anerkannt, ohne dass es dazu eines besonderen Verfahrens bedarf (Art. 21 Brüssel IIa- Verordnung 2201/2003). Diese Verordnung findet lediglich für Scheidungen in Dänemark keine Anwendung, sodass Sie Ihre dänische Scheidung in Deutschland nach wie vor anerkennen lassen sollten.

Heimatstaatscheidung

Die förmliche Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung ist weiterhin entbehrlich, wenn Ihre Ehe durch ein Gericht oder eine Behörde des Staates aufgelöst wurde, dem Sie und Ihr Ehepartner zum Zeitpunkt der Scheidung angehört haben (Heimatstaatscheidung nach § 107 Abs. I S. 2 FamFG).

Voraussetzung ist, dass beide Ehepartner gemeinsam die Staatsangehörigkeit des Scheidungsstaates besessen haben. Daran fehlt es, wenn einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung außer der Staatsangehörigkeit des Scheidungsstaates noch eine weitere Staatsangehörigkeit, insbesondere die deutsche Staatsangehörigkeit, besaß oder zumindest einer der Ehepartner im Zeitpunkt der Scheidung als heimatloser Ausländer, Asylberechtigter oder ausländischer Geflüchteter einem anderen Personenstatut als dem des Scheidungsstaates unterstand.

Da die Heimatstaatscheidung als Ausnahmeregelung zu verstehen ist, ist die Anerkennung in Deutschland durchzuführen, wenn im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden kann, dass einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung eine weitere oder andere Staatsangehörigkeit als die des Scheidungsstaates besessen hat. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt es sich in Zweifelsfällen, eine ausländische Ehescheidung in Deutschland förmlich anerkennen zu lassen. Wenn Sie also Ihren Personenstand (verheiratet oder geschieden) geklärt wissen möchten oder aus melde- oder steuerrechtlichen Gründen klären möchten, sollten Sie die Anerkennung in die Wege leiten.

Welche ausländischen Ehescheidungen werden nicht anerkannt?

Nach deutschem Recht muss die Scheidung immer durch ein staatliches Gericht ausgesprochen werden. Wurde die Scheidung im Ausland hingegen durch ein privates Rechtsgeschäft eines oder beider Ehepartner bewirkt, handelt es sich um eine sogenannte Privatscheidung. Dies gilt auch dann, wenn die Ordnungsmäßigkeit der „privaten“ Scheidung in einem gerichtsförmigen Verfahren überwacht worden war. In diesen Fällen kommt es immer darauf an, um was für eine Institution es sich handelt.

  • Wurde die Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen vor einem Notar in Nicaragua (so auch in Kuba, Brasilien, Kolumbien) getätigt, handelt es sich um eine Privatscheidung ohne konstitutiven Hoheitsakt (BGH, Beschluss vom 1.12.2020, Az. 1 VA 1001/20). Auch wenn eine so errichtete notarielle Urkunde in Nicaragua einem gerichtlichen Urteil gleichsteht und in das Personenstandsregister eingetragen wird, beruht die Scheidung allein auf den Erklärungen der Ehegatten. Selbst wenn Nicaragua die Gerichte von nicht streitigen Verfahren entlasten wollte, ist allein der Wille der Ehegatten zur Scheidung Maßstab der Auflösung der Ehe. Da der Notar nur eine allgemein beratende und beurkundende Funktion ausübt, spricht er nicht selbst die Scheidung aus, sondern beurkundet nur den Willen der Ehepartner, die Ehe aufzulösen. Die Anerkennung in Deutschland kommt daher nicht in Betracht. Gleiches gilt im Regelfall für die Auflösung einer Ehe vor Notaren anderer Länder.
  • Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 20.12.2017, Az. C 372/16) hat klargestellt, dass die durch eine einseitige Erklärung eines Ehepartners vor einem geistlichen Scharia-Gericht in Syrien ausgesprochene Scheidung eine Privatscheidung sei. Der Ehepartner hatte dort durch einen Bevollmächtigten vor einem Scharia-Gericht die Scheidung aussprechen lassen, auf die hin das Gericht die Scheidung feststellte. Da ein durch die einseitige Erklärung eines Ehepartners vor einem geistlichen Gericht bewirkte Ehescheidung nicht mit deutschen Rechtsgrundsätzen vereinbar ist, konnte die Scheidung in Syrien in Deutschland nicht anerkannt werden.

Aus welchen Gründen werden ausländische Ehescheidungen allgemein abgelehnt?

Ausländische Ehescheidungen werden allgemein abgelehnt, wenn ein gesetzlich geregeltes Anerkennungshindernis besteht (§ 109 FamFG):

  • So widerspricht es deutschen Rechtsgrundsätzen, wenn einem Ehepartner im Scheidungsverfahren keine Möglichkeit gewählt wurde, sich zur Scheidung zu äußern. Das Recht der Anhörung ist ein wesentlicher rechtsstaatlicher Grundsatz im deutschen Recht. Wird das Recht zur Anhörung nicht gewährt, kann eine ausländische Scheidung nicht anerkannt werden.
  • Allgemein werden Ehescheidungen im Ausland abgelehnt, wenn die Anerkennung in Deutschland zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar wäre und insbesondere Grundrechte missachten würde („ordre public“). So sind beispielsweise Scheidungen, die auf Antrag Dritter wegen „Abfalls vom rechten Glauben“ erfolgen, nicht anerkennungsfähig.
  • Eine Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung kann auch dann nicht erfolgen, wenn ein Ehepartner die Scheidung durch Prozessbetrug, etwa durch Vorlage gefälschter Unterlagen oder durch Falschaussagen erlangt hat.
  • Fälle von Privatscheidungen im religiösen Recht, z.B. im Islam oder Judentum, können besonders schwierig sein.  Eine Privatscheidung nach islamischem Recht wird nicht anerkannt, wenn  eine Verstoßung (arabisch: Talaq) vorliegt. In der Regel  kann der Ehemann seine Ehefrau auf diese Weise verstoßen, um die Scheidung mit sofortiger Wirkung herbeizuführen, doch die Ehefrau kann sich dieses Recht auch ehevertraglich sichern. Diese Art von Scheidung wird nicht anerkannt, auch wenn in einigen Staaten das Recht insoweit eingeschränkt ist, als die Verstoßung nur vor einem Gericht oder von Notaren ausgesprochen werden kann.
  • Ebenso wird die Scheidung nach Standesrecht in manchen afrikanischen Staaten nicht anerkannt, wenn die Scheidung durch eine Vereinbarung der Familien- oder Stammesoberhäupter beider Ehepartner erfolgt ist.

Wie erfolgt die Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung in Deutschland?

Möchten Sie Ihre ausländische Ehescheidung in Deutschland anerkennen lassen, müssen Sie die Anerkennung ausdrücklich beantragen. Zuständig sind die dafür in den Bundesländern bestimmten Landesjustizverwaltungen. Wird der Antrag abgelehnt, können Sie die Entscheidung der Landesjustizverwaltung gerichtlich überprüfen lassen.

Möchten Sie vorab wissen, welche Fragen die Anerkennung Ihrer Scheidung im Ausland in Deutschland aufwirft und welche Unterlagen Sie vorlegen müssen, sollten Sie das Formular „Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen nach § 107 FamFG“ einsehen. Sie bekommen dann einen ersten Eindruck davon, wie Sie die Anerkennung Ihrer Scheidung im Ausland angehen sollten.

Alles in allem

Auch wenn die Anerkennung Ihrer ausländischen Scheidung in Deutschland formalen Voraussetzungen unterliegt, besteht kein Grund, auf die Anerkennung zu verzichten. Lassen Sie sich auf dem Weg anwaltlich begleiten, sollten Sie Ihr Ziel erreichen.

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Autor iurFRIEND-Redaktion vgwort-pixel

Datum 5. Oktober 2021

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