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Wie gehen verschiedene Religionen mit dem Thema Scheidung um?

Es gibt viele verschiedene Religionen auf der Welt, die sich wiederum in weitere Glaubensgruppen unterteilen lassen. Je nach regionalen und kulturellen Besonderheiten können sich weitere Besonderheiten in der Ausübung des Glaubens ergeben. Daher werden Verallgemeinerungen der gelebten Realität nur selten gerecht. Um dennoch einen groben Überblick zu geben, gehen wir in diesem Blogbeitrag auf die Scheidung im Christentum, Islam, Judentum, Hinduismus und Buddhismus ein.

Christentum

Im christlichen Glauben ist die Ehe ein zentraler Ankerpunkt im Leben eines Menschen. Das Eheversprechen der Ehepartner gilt, „bis dass der Tod sie scheidet“. Die Ehe sollte nur geschieden werden, wenn ein Aufrechterhalten der Ehe aussichtslos ist. Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche bemühen sich daher, Paare mit einer Eheberatung bei der Konfliktlösung zu unterstützen. Das Verständnis beiden Kirchen unterscheidet sich vor allem bei der Auflösung der Ehe.

In der evangelischen Kirche ist die Ehe und somit auch die Scheidung eine weltliche Angelegenheit. Wer in der evangelischen Kirche und beim Standesamt geheiratet hat, gilt nach der Scheidung durch ein Gericht auch kirchlich als geschieden. Die Ehe wird zugleich weltlich und religiös gelöst. Nach der Scheidung ist eine weitere Hochzeit problemlos möglich.

In der katholischen Kirche wird die Ehe als Sakrament  angesehen. Diese heilige Verbindung soll grundsätzlich nicht aufgelöst werden. Die Annullierung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Das katholische Kirchenrecht ist sehr komplex. Begehrt ein Ehepaar die Auflösung seiner Ehe, muss dafür ein kirchliches Verfahren durchgeführt werden. Ob nach der Auflösung eine weitere Heirat möglich ist, kommt auf die jeweilige Gemeinde an.

Das gilt nicht nur für Ehen zwischen rein katholischen Ehepaaren, sondern auch bei katholisch-evangelischen Paaren. Wer evangelisch und geschieden ist, und eine Ehe mit einem Mitglied der katholischen Kirche eingehen möchte, muss seine Ehe auch nach katholischem Kirchenrecht auflösen lassen.

Islam

Auch im Islam hat die Ehe einen hohen Stellenwert und bringt viel Segen, sowohl für das Diesseits als auch das Jenseits. Nach islamischem Rechtsverständnis ist die Ehe ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen dem Ehepaar. Eine Scheidung durch ein deutsches Familiengericht reicht jedoch nicht aus, um auch islamisch geschieden zu sein. Es müssen dafür auch die religiösen Vorschriften eingehalten und umgesetzt werden.

Die Ehe soll nur geschieden werden, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund kann zum Beispiel im Ehebruch oder Abfall vom Glauben liegen oder für die Frau darin liegen, dass der Mann nicht für den Unterhalt aufkommt oder sie schlecht behandelt. Willkürliche Scheidungen sind unerwünscht. Moscheen bemühen sich dabei, Paare bei der Konfliktbewältigung zu beraten und Hilfe zu leisten. Es ist eine Bedenkzeit von drei Monaten vorgesehen, bevor sich das Ehepaar endgültig zur Scheidung entschließt. So soll einer überstürzten Scheidung vorgebeugt werden. Der Ehemann kann die Scheidung durchführen, indem er gegenüber der Frau drei Mal die Scheidungsformel ausspricht. Je nach Region können jedoch weitere Auflagen verlangt werden, bevor eine Scheidungsurkunde ausgestellt wird. Möchte die Ehefrau sich scheiden lassen, kann sie dafür ihre Mitgift zurückgeben, die sie bei der Hochzeit von ihrem Ehemann erhalten hat, oder ein islamisches Gericht anrufen und den Grund für die Scheidung darlegen.

Nach der Scheidung ist der Mann der Frau und den gemeinsamen Kindern weiterhin zum Unterhalt verpflichtet. Eine erneute Heirat ist problemlos möglich.

Judentum

Im Judentum ist die Ehe nach dem Talmud ein heiliger Vertrag zwischen dem Ehepaar. Die Ehe soll nur geschieden werden, wenn keine Aussicht darauf besteht, die Ehe harmonisch weiter zu führen. Bevor das Paar sich für die Scheidung entscheidet, soll es sich eine Bedenkzeit nehmen. Synagogen unterstützen ihre Gemeinde mit Hilfe von Paarberatungen. Eine Scheidung durch ein ziviles Gericht genügt nicht, um die Ehe im Judentum zu scheiden

Der Ablauf der Scheidung ist sehr komplex. Es muss ein Rabbinatsgericht angerufen werden, welches mit drei Rabbinern besetzt ist. Der Ehemann muss der Ehefrau einen Scheidungsbrief, im Aramäischen als Get bezeichnet, ausstellen lassen. Dafür gibt es ganz bestimmte Voraussetzungen, um eine unüberlegte Scheidung zu verhindern. So darf kein vorgefertigtes Formular verwendet werden. Der Scheidungsbrief muss individuell nach besonderen Regeln unter Anwesenheit von Zeugen und Experten erstellt werden. Für die aschkenasische Glaubensrichtung ist außerdem die Zustimmung der Frau notwendig. Sie nimmt den Scheidungsbrief an, indem sie ihn berührt. Damit ist die Scheidung dann im jüdischen Glauben rechtskräftig. Der Scheidungsbrief wird beim Rabbinatsgericht aufbewahrt.

Eine erneute Heirat ist erlaubt. Findet das geschiedene Ehepaar wieder zueinander, gilt eine Wiederheirat sogar als gute Tat.

Hinduismus

Im Hinduismus ist die Ehe ein Sakrament und Gesetz der Natur. Sie nicht nur eine wichtige Verbindung zwischen den Ehepartnern, sondern auch zwischen den Familien des Ehepaars. Kommen Konflikte in der Ehe auf, sind oft beide Familien in die Problemlösung involviert. Ursprünglich gab es kein Konzept zur endgültigen Auflösung der Ehe. Seit dem Hindu Marriage Act von 1955 ist jedoch eine Scheidung aus verschiedenen Gründen möglich. So werden Gewalt in der Ehe, ansteckende Krankheiten oder der Abfall vom Glauben als Scheidungsgründe akzeptiert. Scheidungen sind weiterhin eher verpönt und können teilweise weitreichende Folgen für das gesellschaftliche Leben der Geschiedenen haben.

Buddhismus

Im Buddhismus ist die Ehe ein weltlicher partnerschaftlicher Vertrag. Sie basiert auf tiefem gegenseitigen Respekt zwischen den Ehepartnern und ist sehr kostbar. Die buddhistische Lehre spricht sich weder für noch gegen die Eheschließung und die Scheidung aus. Es gibt keine festgelegten Regeln, das Ehepaar kann jedoch buddhistischen Segen und Rat erbitten. Es ist üblich nach der standesamtlichen Trauung noch eine buddhistische Zeremonie durchzuführen. Einen vorgeschriebenen Ablauf gibt es dafür nicht. Je nach Region werden verschiedene traditionelle Riten durchgeführt. Die Scheidung ist Sache des Ehepaars. Möchte das Paar sich trennen, soll ihm die Scheidung nicht erschwert werden. Bei Problemen wird das Paar von der Gemeinde und den buddhistischen Mönchen beraten und unterstützt. Wenn eine Trennung zu mehr Zufriedenheit führt, wird die Scheidung auch als Ausdruck von Mitgefühl angesehen. Es ist kein komplexes Verfahren notwendig, um den Bund der Ehe wieder aufzulösen. Eine erneute Heirat ist ebenfalls problemlos möglich.    

Alles in allem

In allen dargestellten Glaubensrichtungen spielt die Ehe eine wichtige Rolle und wird als besondere Verbindung zwischen zwei Menschen hervorgehoben. Sie wird zum Teil als Sakrament von göttlicher Bestimmung, teils als zivilrechtliche Vertrag oder eine weltliche Angelegenheit betrachtet. Jede Glaubensrichtung bietet Möglichkeiten zur Konfliktbewältigung für Ehepaare an. Der genaue Ablauf der Scheidung bzw. Annullierung der Ehe unterscheidet sich stark und auch die Frage der Wiederheirat variiert nach dem jeweiligen Glauben. Insgesamt ist dennoch festzuhalten, dass zwischenmenschliche Beziehungen und die Familie weltweit eine große Bedeutung für die Menschen haben.  

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Autor iurFRIEND®-Redaktion vgwort-pixel

Datum 12. März 2020

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