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Scheidung

Warum internationale Ehen häufiger scheitern

Ob es der Reiz ist, dass der Partner oder die Partnerin aus einem anderen Land oder einer anderen Kultur stammt oder ob sich die Partner schlicht als Menschen verliebt haben, sei dahingestellt. Auf jeden Fall steigt die Zahl der Ehen zwischen deutschen und ausländischen Staatsangehörigen stark an. Allerdings belegt die Statistik, dass internationale Ehen häufiger scheitern und geschieden werden als Ehen zwischen Partnern gleicher Kulturen oder gleicher Staatsangehörigkeit. Über die Gründe lässt sich trefflich spekulieren. Einige Gründe liegen aber wohl auf der Hand.

Was sagen die Statistiken?

Geht es um internationale Ehen, gibt es eine Reihe von statistischen Aussagen und wissenschaftlichen Erhebungen. Bei der auch als „binational“ bezeichneten Ehe haben die Partner unterschiedliche Staatsangehörigkeiten.

Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 46.000 internationale Ehen geschlossen. Dies waren wohl 7 % aller Ehen. 87 % der Eheschließungen sind reine deutsch-deutsche Partnerschaften. Bei 6 % der Partnerschaften sind beide Partner ausländische Staatsangehörige (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Insgesamt waren im Jahr 2013 1,2 Millionen Ehepaare in Deutschland binational verheiratet. Die beliebteste Kombination war die Heirat zwischen einer deutschen Frau und einem türkischen Mann. Damit hatten 19 % der deutschen Frauen in einer binationalen Ehe einen türkischen Partner. Auf Rang zwei bevorzugten deutsche Frauen mit 12 % Italiener und auf Rang drei mit 7 % Österreicher. Umgekehrt heiraten deutsche Männer am häufigsten türkische Frauen (14 %) Frauen aus Polen (9 %) und Russinnen (8 %).

Das Scheidungsrisiko soll bei Ehen zwischen Partnern unterschiedlicher Staatsangehörigkeit um 64 % höher liegen, als wenn die Partner den gleichen nationalen Ursprung haben. Diese Feststellung stammt jedenfalls vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des demographischen Wandels. Die Forscher untersuchten dazu 5.688 Ehen. Leben Kinder im Haushalt, reduziere sich das Risiko um die Hälfte.

Warum scheitern internationale Ehen häufiger?

Pauschale Antworten verbieten sich. Dafür kommt es viel zu sehr auf die Unterschiede an. Je nachdem, wer wen heiratet, kommen sehr unterschiedliche Aspekte in Betracht.

Ohne gemeinsame Sprache geht es nicht

Der sichtbarste Grund dafür, dass internationale Ehen häufiger scheitern, dürfte darin liegen, dass die Partner sich schlicht nicht richtig und zuverlässig verstehen. Die Sprache ist eine hohe Hürde. Sprache stellt aber das vielleicht wichtigste Bindeglied dar, damit Menschen miteinander kommunizieren, sich verständigen, sich verstehen und angemessen miteinander umgehen können. Sprache hat großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und die Art, wie wir denken, fühlen und handeln. Wer den Partner nicht versteht oder ständig nachfragen muss oder Aussagen falsch interpretiert, riskiert, dass er den anderen brüskiert, verärgert, demütigt oder gar beleidigt. Gerade wenn es um die Muttersprache geht, spielen Bedeutungsnuancen eine große Rolle. Was ein Partner positiv versteht, interpretiert der andere vielleicht negativ.

Unterhalten sich beide Partner in der Sprache eines Partners, kann dies dazu führen, dass ein Partner sich überlegen fühlt und der andere sich irgendwie unterordnet. Derjenige, der sich dann in seiner Muttersprache artikuliert, schafft sich Vorteile in der Partnerschaft, während der andere sich in einer eher schwächeren Position befindet.

Ein oft zitiertes Beispiel besteht darin, dass ein deutscher Staatsangehöriger in Brasilien eine Brasilianerin kennenlernt. Als diese ihn fragt, womit er sein Geld verdiene, verweist er in englischer Sprache darauf, er habe eine „Farm“. Die Frau interpretiert das Wort im Hinblick auf die üblichen Verhältnisse in Brasilien aber so, dass er ein Großgrundbesitzer wäre. Als das Paar nach der Heirat in Brasilien in Deutschland ankommt, fühlt sich die Frau getäuscht, als sie sich auf einem recht überschaubaren Bauernhof wiederfindet und sie mit der Erwartung konfrontiert wird, dass sie sich auf dem Hof doch bitte kräftig engagieren möchte.

Die Kultur macht den Unterschied

Jede Kultur hat ihre Eigenheiten. Das ist auch gut so. Heiraten aber Partner unterschiedlicher Kulturen, die das Leben aus sehr verschiedenen Blickwinkeln betrachten, treffen oft Welten aufeinander. Stammen die Partner aus unterschiedlichen Kulturkreisen, werden ihre Unterschiede zu einer echten Herausforderung, wenn ein Partner aus einer eher traditionell orientierten Gesellschaft stammt, während der andere in einer modernen, liberalen Gesellschaft aufgewachsen ist.

Kommt die Partnerin beispielsweise aus einem ostasiatischen oder islamischen Land, ist sie oft von patriarchischen Verhältnissen geprägt worden und zeigt vielleicht wenig Initiative, sich aktiv am gesellschaftlichen, kulturellen oder wirtschaftlichen Leben des westlich orientierten Partners zu beteiligen. Der Mann erwartet, dass das Paar gemeinsam durchs Leben geht und alles teilt und alles bespricht, was wichtig ist, während die Frau so erzogen ist, dass sie ihre Angelegenheiten vorzugsweise mit ihrer Mutter oder Schwester erörtert. Der Mann wird nicht als Partner gesehen. Er ist vielmehr eine Person, der die Frau versorgt, aber keine Person, mit der man seine Probleme bespricht. Umgekehrt gilt natürlich das gleiche. Stammt der Mann aus einem traditionellen Kulturkreis, erwartet er von der Frau, dass diese sich unterordnet, während er vornehmlich der Entscheidungsträger ist und das Leben der Familie bestimmt.

Nach statistischen Angaben soll das Scheidungsrisiko um 60 % höher sein, wenn die Partner unterschiedliche Religionszugehörigkeit haben als bei Partnern gleichen Glaubens. Das Risiko sinkt, wenn Kinder ehemals ausländischer Staatsangehöriger in Deutschland geboren werden und hier in der zweiten Generation heiraten.

Das soziale Umfeld erzeugt negative Einflüsse

Stammt der Partner aus einem sozialen Umfeld, bei dem die Familie auch die persönlichen und privaten Angelegenheiten bestimmt, entstehen Loyalitätskonflikte. Wer beispielsweise aus dem islamischen Kulturkreis stammt, ist so erzogen, dass die Familie auf die Erziehung der Kinder oder die persönliche Lebensführung im Alltag Einfluss zu nehmen versucht, während der in einem westlichen Staat aufgewachsene Partner diesen Einfluss als eine unzumutbare Einmischung in sein eigenes Leben empfindet. Dieser Einfluss zeigt sich oft darin, wenn es darum geht, die Religion des gemeinsamen Kindes zu bestimmen. Während wir in westlichen Gesellschaften eher tolerant sind, erwarten in islamischen Staaten erzogene Partner, dass das Kind wie selbstverständlich die eigene Religion hat und möglichst auch aktiv praktiziert.

Ungeachtet dessen ist auffällig, dass deutsche Frauen gehäuft türkische Männer heiraten, nicht aber umgekehrt türkische Frauen deutsche Männer. Forscher vermuten, dass darin eine gewisse Sehnsucht nach einem traditionellen Männerbild zum Ausdruck kommt, was andererseits wieder im Gegensatz dazu steht, dass wir in unserer westlichen Welt die Gleichberechtigung von Mann und Frau zum Maßstab unserer gesellschaftlichen Normen machen.

Welchen Einfluss haben Scheinehen auf die Scheidungsstatistiken?

Eine Scheinehe hat vornehmlich den Zweck, einem ausländischen Staatsangehörigen ein Aufenthaltsrecht in Deutschland und damit letztlich eine Arbeitserlaubnis zu verschaffen. Die persönliche Beziehung spielt selten eine Rolle. Da der Aufenthaltsstatus nach einer Aufenthaltszeit von drei Jahren vom Bestand der Ehe unabhängig ist, werden Scheinehen oft nach drei Jahren geschieden. Es soll deutsche Frauen geben, die innerhalb weniger Jahre mehrfach geheiratet haben. Es ist zu vermuten, dass sie die Eheschließung als Nebenerwerbsquelle praktizieren.

Alles in allem

Wer die Frage, warum internationale Ehen häufiger geschieden werden, beantwortet, muss darauf achten, dass er die Antworten vorurteilsfrei formuliert. Dabei sollte aber außer Frage stehen, dass es gerade die Eigenheiten und Persönlichkeiten der Partner sind, auf denen eine Ehe aufbaut. Eine Ehe, in der die Partner gleichberechtigt sind und in gegenseitiger Zuneigung zusammenbleiben, bis der Tod sie scheidet, funktioniert nur, wenn die Partner möglichst auf gleicher Ebene miteinander kommunizieren und umgehen, sich akzeptieren und ihre Liebe zum Maßstab ihres Denkens und ihrer Entscheidungen machen.

Artikel-Informationen

Autor Volker Beeden vgwort-pixel

Datum 7. Januar 2020

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