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Scheidung

Scheidungsrate – wo, warum und wie oft geschieden wird

Die Scheidungsrate in Deutschland ist erheblichen Schwankungen unterworfen. So ist die Zahl der Scheidungen seit Beginn des 20. Jahrhunderts erheblich angestiegen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Scheidungen sind vor allem Ausdruck gesellschaftlicher Entwicklungen. Dass die Scheidungsrate im „verflixten siebten Ehejahr“ am höchsten sei, ist jedoch ein Mythos. Aus der Statistik der Scheidungen lesen Statistiker erstaunliche Informationen heraus. Auch insoweit sind Scheidungen höchst informativ, wenn es um gesellschaftliche Entwicklungen geht. Die Scheidungsstatistik des Statistischen Bundesamtes (Destatis) spricht dafür Bände. 400.000 Eheschließungen standen in 2015 163.335 Scheidungen gegenüber und damit die geringste Quote seit 1996.

Das Wichtigste

  • Die Entwicklung des Scheidungsrechts bestimmt zwangsläufig auch die Scheidungsrate. Früher war nach kirchlichem Verständnis keine Scheidung möglich. Nachdem das Zerrüttungsprinzip das Verschuldensprinzip abgelöst hat, sind Scheidungen leichter zu begründen.
  • Die Scheidungsrate hat sich von ca. 11 % über ca. 52 % in 2005 zu ca. 41 % in 2016 entwickelt und sinkt seit etwa 2005 stetig ab.
  • Örtlich gibt es große Unterschiede. In Städten ist die Scheidungsrate höher als auf dem Land. In Städten gibt es ohne erkennbare Gründe keinen Gleichschritt.
  • In ca. 51 % der Fälle reichten die Frauen die Scheidung ein, in ca. 40 % waren es die Männer. Ca. 10 % sind einvernehmliche Scheidungen.
  • Entgegen dem Trend in den letzten Jahrzehnten scheint die Ehedauer wieder zuzunehmen. Durchschnittliche Ehen bestehen ca. 15 Jahre.
  • Die Scheidungsrate wird durch gesellschaftliche Entwicklungen bestimmt. Der Versorgungsgedanke der Ehe tritt dabei in den Hintergrund, während die Emanzipation der Frau und die Anerkennung alternativer Lebensformen Ehen nicht mehr als unauflösbar erscheinen lassen.

Wie hängt die Scheidungsrate mit dem Scheidungsrecht zusammen?

Die Scheidungsrate ist mithin durch das Scheidungsrecht bestimmt. Im Mittelalter verbot die Kirche jegliche Scheidung. Eine Ehe unter Christen konnte nur durch den Tod aufgelöst werden. Seit Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Scheidungsrecht unabhängig von den religiösen Aussagen der christlichen Konfessionen gestaltet. Die Ehescheidung, so wie wir sie heute kennen, beruht auf dem Personenstandsgesetz von 1875, das erstmals die ständige Trennung von Tisch und Bett als Scheidungsgrund anerkannte. Das in 1900 in Kraft getretene BGB beschränkte die Scheidungsgründe auf grobe Verfehlungen und Geisteskrankheit. Das früher bis 1976 geltende Verschuldensprinzip wurde durch das Zerrüttungsprinzip abgelöst. Heute genügt es, dass die Ehe zerrüttet und damit gescheitert ist. Da es auf ein Verschulden nicht mehr ankommt, könnte man auch vermuten, dass die Scheidungsrate allein dadurch angestiegen ist, dass es nur noch auf das Scheitern der Ehe ankommt.

Wie hat sich die Scheidungsrate entwickelt?

Das Statistische Bundesamt verzeichnet im Detail die Entwicklung der jährlichen Scheidungsrate. Im Jahr 1960 lag die Scheidungsrate gerade einmal bei 10,66 % und verzeichnete seitdem, zumindest bis ins Jahr 2003, einen kontinuierlichen und beständigen Anstieg. Im Jahr 2003 erreichte die Zahl der Scheidungen mit fast 214.000 geschiedenen Ehen ihren bisherigen Höchststand. Dies bedeutet einen Prozentsatz von über 50 %. Seither ist die Entwicklung eher rückläufig. Die Statistik ist insoweit erfreulich. In 2016 wurden „nur noch“ 162.397 Ehen geschieden. Dies bedeutet einen Rückgang von 0,6 % gegenüber dem Vorjahr 2015 und eine Scheidungsrate von etwa 40 %. In 82,6 % ging der Scheidung das Trennungsjahr voraus.

Scheidungsraten sind örtlich sehr unterschiedlich

Auch wenn die Scheidungsraten sinken, sinken sie örtlich sehr unterschiedlich. Die meisten Ehen werden in Städten geschieden. Auf dem Land scheinen Ehen beständiger. Dabei sind Zahlenwerte immer im Verhältnis zur Einwohnerzahl einer Stadt zu verstehen, so dass beispielsweise Euskirchen mit 28 Scheidungen je 10.000 Einwohner eine hohe Scheidungsrate hat und München mit einer Scheidungsrate von 30 je 10.000 Einwohner im Verhältnis zur Größe der Stadt eine scheinbar eher weniger starke Scheidungsrate verzeichnet. Die niedrigste Scheidungsrate soll es in Offenbach am Main (9) sowie in Kempten in Bayern (8) geben. Die Scheidungsrate in Berlin ist, auch wenn man es im Angesicht der Lebensverhältnisse in der Großstadt vielleicht anders erwartet, in 2016 auf den niedrigsten Stand seit 24 Jahren abgesunken. Dort wurden in 2016 6.253 Scheidungen und damit 2,7 % weniger als 2015 verzeichnet. Mit einer Scheidungsrate von 5,9 % endeten die meisten Ehen im sechsten Ehejahr (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg).

Frauen führen die Scheidungsrate an

Im Jahr 2015 gaben 51,3 % Frauen den Startschuss für die Scheidung, in 40,1 % der Fälle waren es die Männer und in ca. 8 % kam es zu einer einvernehmlichen Scheidung. Die Hälfte der Paare hatten minderjährige Kinder, davon wiederum hatte die Hälfte ein minderjähriges Kind. In 2016 waren 132.000 Kinder unter 18 Jahren von der Scheidung ihrer Eltern betroffen.

Ehen halten länger als früher

Die Statistiken offenbaren weitere Fakten. So bleiben Paare länger zusammen als früher. Die durchschnittliche Ehedauer scheint zu steigen. Im Durchschnitt bestehen Ehen ca. 15 Jahre. Davon erfolgt jede sechste Scheidung erst nach mehr als 25 Ehejahren. Männer waren zum Zeitpunkt der Scheidung durchschnittlich 46,7 Jahre und Frauen 43,7 Jahre alt. 1991 lag die durchschnittliche Ehedauer noch bei lediglich 11,9 Jahren und nur jede elfte Ehe wurde nach mehr als 25 Jahren Ehezeit geschieden. Grund kann sein, dass früher Ehen in jüngerem Alter geschlossen wurden als heute und sich Paare möglicherweise früher auseinanderlebten, als wenn sie im fortgeschrittenen Alter heirateten.

Welche Faktoren bestimmen die Scheidungsrate?

Die in den letzten Jahrzehnten zumindest bis ins Jahr 2005 stetig ansteigende Scheidungsrate spiegelt einen in den meisten westlichen Industrieländern zu verzeichneten Trend wider. Die Scheidungsrate beruht offensichtlich auf einem veränderten Verständnis der Ehe und des ehelichen Zusammenlebens. Vor allem dürfte sie auf die zunehmende Erwerbstätigkeit der Frauen und die damit geringer werdende Bedeutung des Versorgungsgedankens einer Ehe zurückzuführen sein. Aber auch die wachsende Erwartung der Partner in ihre Beziehung und die zunehmende Emanzipation der Frau tragen sicherlich dazu bei, dass Paare ihre Beziehung ständig auf den Prüfstand stellen und ihre eheliche Verbindung nicht mehr bedingungslos als untrennbar betrachten. Grund dürfte auch die zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz alternativer Lebensformen sein, in der es viele Partner für überflüssig betrachten, miteinander verheiratet zu sein und eher bereit sind, aus bestehenden Verbindungen auszubrechen. Auch die gesteigerte Lebenserwartung der Menschen und das damit oft verbundene Interesse, vielleicht nach einem langen Arbeitsleben etwas Neues zu gestalten und Altes hinter sich zu lassen, dürfte eine Rolle spielen. Ehen sind heute nicht mehr unbedingt eine Zweckgemeinschaft, in der die gegenseitige Versorgung im Vordergrund steht. Spätestens dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind, ändert sich manche eheliche Beziehung und lässt dem einen oder anderen Ehepartner bewusst werden, dass er möglicherweise im Leben etwas verpasst hat, dass er jetzt nachholen möchte.

Fazit

Die Scheidungsrate ist nichts Statisches. Sie unterliegt ständigen Veränderungen. Das gesellschaftliche Verständnis der Ehe und die Art und Weise, wie Menschen partnerschaftlich miteinander leben wollen, prägt das Zusammenleben und damit auch die Bereitschaft, eine vielleicht emotional gescheiterte Ehe entweder wenigstens formal aufrechtzuerhalten oder sich scheiden zu lassen.

 

 

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Autor Volker Beeden vgwort-pixel

Datum 13. Dezember 2017

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