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Scheidung

Betriebsrente im Versorgungsausgleich

Lassen Sie sich scheiden, führt der Familienrichter von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch, sofern Sie den Versorgungsausgleich nicht ehevertraglich geregelt haben. Auch Betriebsrenten unterliegen dem Versorgungsausgleich. In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Aufteilung der Betriebsrenten beanstandet und dabei insbesondere auf die Benachteiligung von Frauen bei der Verteilung von Betriebsrenten hingewiesen. Wir erklären, was Sie dazu wissen sollten.

Warum sollte mich der Versorgungsausgleich interessieren?

Der Versorgungsausgleich erscheint als ein eher theoretisches und wenig greifbares Thema. Er scheint im Scheidungsverfahren so nebenbei mit zu laufen, ohne dass Sie darauf großen Einfluss hätten. Dennoch bedeutet der Versorgungsausgleich bares Geld. Sie merken die Auswirkungen natürlich erst dann, wenn Sie die Altersgrenze erreichen und Rente beziehen. Je mehr Sie vorgesorgt haben, desto höher ist die Rente. Der Versorgungsausgleich hat daher nach der Scheidung erheblichen Einfluss auf die Höhe Ihrer Rente. Sie sind also gut beraten, sich mit der Thematik zu beschäftigen.

Worum geht es beim Versorgungsausgleich?

Beim Versorgungsausgleich geht es darum, dass Ihre Rentenanwartschaften und die Rentenanwartschaften Ihres Ehepartners, die Sie während Ihrer Ehe erworben haben, untereinander ausgeglichen werden. Sie brauchen den Versorgungsausgleich nicht gesondert zu beantragen. Vielmehr ist das Familiengericht von Gesetzes wegen verpflichtet, den Versorgungsausgleich von Amts wegen durchzuführen.

Meist haben beide Ehepartner für ihre Altersversorgung Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung oder in eine betriebliche Altersversorgung eingezahlt. Damit bei der Scheidung alles gerecht verteilt wird, gibt es den Versorgungsausgleich. Meist ist es so, dass Ihre Rentenanwartschaften unterschiedlich hoch sind. Derjenige Ehepartner, der wegen der Kindererziehung oder Haushaltsbetreuung weniger gearbeitet hat, hat in der Regel geringere Anwartschaften erworben als der Partner. Diese Unterschiede werden durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Im Ergebnis haben Sie dann eine etwa gleich hohe Altersversorgung wie Ihr geschiedener Ehepartner.

Was ist die Kritik des Bundesverfassungsgerichts?

Reichen Sie den Scheidungsantrag ein, erhalten Sie vom Familiengericht einen Fragebogen. Darin müssen Sie Angaben zu Ihren Rentenanwartschaften machen. Hat das Familiengericht festgestellt, welche Anrechte jeder Ehepartner erworben hat, entscheidet es darüber, wie der Versorgungsausgleich durchzuführen ist. Jedes Anrecht, das ein Ehepartner in der Ehe aufgebaut hat, wird dann zwischen den Ehepartner zur Hälfte aufgeteilt. Dabei werden die Anrechte grundsätzlich in dem Versorgungssystem geteilt, in dem diese erwirtschaftet wurden. Man nennt dies die interne Teilung. Nach der Teilung haben dann beide Ehepartner in diesem Versorgungssystem ein eigenes Rentenkonto und damit einen eigenen Anspruch gegen diesen Versorgungsträger.

Geht es jedoch um Betriebsrenten, ist eine interne Teilung schwierig. Eigentlich will der Gesetzgeber einem Arbeitgeber nicht zumuten, wegen der Scheidung den ihm völlig fremden Ehepartner seines Mitarbeiters in sein betriebliches Versorgungssystem aufnehmen zu müssen. Deshalb kann ein betrieblicher Versorgungsträger abweichend vom Grundsatz der internen Teilung die sogenannte externe Teilung verlangen.

Externe Teilung bedeutet, dass der Ausgleich eines Anrechts mit einem Wechsel des Versorgungssystems verbunden ist. Für den ausgleichsberechtigten Ehepartner wird bei der externen Teilung ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts außerhalb des Versorgungssystems, bei dem das auszugleichende Anrecht des ausgleichpflichtigen Ehepartners besteht, begründet. Hinzu kommt, dass ein Versorgungsträger auch ohne Zustimmung des ausgleichsberechtigten Ehepartners eine externe Teilung verlangen kann, wenn der Wert des auszugleichenden Anrechts bestimmte Höchstgrenzen nicht übersteigt.

Bei der externen Teilung hat der Versorgungsträger des ausgleichpflichtigen Ehepartners an den Versorgungsträger des ausgleichsberechtigten Ehepartners einen Kapitalbetrag zu zahlen, den das Familiengericht festlegt. Als ausgleichsberechtigter Ehepartner können Sie im Regelfall den Zielversorgungsträger wählen und das Geld beispielsweise in die gesetzliche Rentenversicherung, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zahlen lassen.

Wählen Sie als ausgleichsberechtigter Ehepartner keinen Zielversorgungsträger aus, erfolgt die externe Teilung betrieblicher Versorgungsanrechte bei der hierfür eingerichteten Versorgungsausgleichskasse. Diese ist eine Pensionskasse, die von einer Reihe von Lebensversicherern für diesen Zweck gegründet wurde.

Bei der externen Teilung von Betriebsrenten ergibt sich jetzt allerdings ein Problem.

Werden Ansprüche auf einen anderen Versorgungsträger übertragen, führt die Zinsentwicklung der letzten Jahre oft zu deutlichen Verlusten. Als ausgleichpflichtiger Ehepartner verlieren Sie im Ergebnis bis zur Hälfte Ihres Rentenanspruchs, während beim ausgleichsberechtigten Ehepartner entsprechend weniger ankommt. Dadurch sind oft Frauen benachteiligt. Haben Sie als Ehefrau den Haushalt geführt und die Kinder betreut und deshalb weniger arbeiten können, haben Sie weniger Rentenanwartschaften erworben als Ihr Ehemann, der vornehmlich das Geld für den Familienunterhalt verdient hat. Da die externe Teilung damit zu Zinsverlusten führt und zudem noch mit Kosten verbunden ist, erfüllt der Versorgungsausgleich nicht den Zweck, den der Gesetzgeber damit erreichen wollte.

Allerdings berechtigt auch ein geringfügiges Anrecht, die externe Teilung durchzuführen, sofern dadurch weder ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand noch eine Splitterversorgung entsteht und ein Anrecht bei der Versorgungsausgleichskasse begründet wird (Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 2.4.2019, Az. 6 UF 9/19). Die Versorgungsausgleichskasse habe dann die Möglichkeit, auch ohne Zustimmung des ausgleichsberechtigten Ehepartners eine Abfindung zu leisten.

Was bedeutet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Familiengerichte?

Des Oberlandesgerichts Hamm hielt die dafür maßgebliche Regelung des § 17 VersAusglG für verfassungswidrig und legte das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Die Richter am OLG Hamm schätzten, dass in den Jahren 2009 - 2017 etwa 90 % der geschiedenen Ehepartner durch die externe Teilung benachteiligt waren. Bei fast jeder 20. Scheidung soll die maßgebliche Vorschrift des § 17 VersAusglG eine Rolle spielen. Bei 170.000 Scheidungen in Deutschland im Jahr, lässt sich also nicht von einer Nebensächlichkeit sprechen.

Das Bundesverfassungsgericht betrachtete die Vorschrift des § 17 VersAusglG nicht als verfassungswidrig. Diese müsse allerdings verfassungskonform ausgelegt werden. Damit sind die Familiengerichte berufen, ihre Entscheidungsspielräume besser auszuschöpfen und in jedem Scheidungsverfahren eine für beide Ehepartner faire Lösung zu finden. Die Gerichte müssten in Betracht ziehen, den Zinssatz bei der Übertragung der Ansprüche selbst zu korrigieren. Transferverluste von maximal 10 % sollen jedoch vertretbar sein. Sofern sich der Transferverlust für den Arbeitgeber als ungünstig erweist, könnte er den Ex-Partner seines Mitarbeiters im eigenen Versorgungssystem versichern.

Für Familiengerichte bedeutet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Sie müssen den Versorgungsausgleich noch umfangreicher prüfen. Da der Versorgungsausgleich von Amts wegen durchgeführt wird und Bestandteil eines nahezu jeden Scheidungsverfahrens ist, werden die Familienrichter zusätzlich belastet. Soweit sich der Berechnungsmodus als komplex erweist, werden die Familiengerichte in vielen Fällen Rentensachverständige einbeziehen müssen. Damit könnten sich Scheidungsverfahren deutlich in die Länge ziehen.

Was bedeutet die Gerichtsentscheidung für mich als Ehepartner?

Sofern Ihr Scheidungsverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist, hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keine Auswirkungen für Ihre Scheidung. Für Sie bleibt alles, wie es ist.

Befinden Sie sich im Scheidungsverfahren und geht es um die Aufteilung einer Betriebsrente, sollten Sie eine einvernehmliche Regelung des Versorgungsausgleichs in Betracht ziehen. Dies gilt umso mehr, als der Versorgungsausgleich mit Kosten verbunden ist und Gebühren für Gericht und anwaltliche Vertretung verursacht. Sie könnten beispielsweise vereinbaren, dass Sie statt der Übertragung von Rentenanwartschaften einen Ausgleichsbetrag oder eine andere Gegenleistung vereinbaren.

Fazit

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verbessert die Rechte der Frauen bei der Scheidung. Die Familiengerichte dürften in der Praxis jedoch Schwierigkeiten haben, die Betriebsrenten so in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, dass sich die damit bislang verbundene Benachteiligung des ausgleichsberechtigten Ehepartners effektiv vermeiden lässt. Wie dies gehen könnte, muss sich noch zeigen.

Artikel-Informationen

Autor Volker Beeden vgwort-pixel

Datum 8. Juni 2020

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