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Auslandsimmobilie bei internationaler Scheidung

Sind Sie oder Ihr Ehepartner Eigentümer einer Immobilie im Ausland, kommt es bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs oder bei der Kalkulation einer eventuell anfallenden Schenkungsteuer auf den Wert der Immobilie an. Für Sie stellt sich die Frage, wie Sie eine Auslandsimmobilie bewerten und wie Sie dabei vorgehen.

Warum spielt die Immobilie bei Ihrer Scheidung überhaupt eine Rolle?

Lassen Sie sich scheiden, haben Sie oder umgekehrt Ihr Ehepartner Anspruch auf den Zugewinnausgleich. Voraussetzung ist, dass ein Ehepartner während der Ehe einen höheren Vermögenszuwachs erwirtschaftet hat als der andere. Die Differenz zwischen Ihren Vermögenszuwächsen ist dann auszugleichen. Der Betrag, den Sie als Ausgleich erhalten, ist Ihr Zugewinn.

Geht es um eine Immobilie, ergibt sich ein Zugewinn daraus, dass die Immobilie seit dem Zeitpunkt Ihrer Eheschließung einen Wertzuwachs erfahren hat. Dieser Wertzuwachs wäre dann festzustellen. Lässt sich kein Wertzuwachs feststellen oder ist der Wert der Immobilie gefallen, haben Sie auch keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich.

Der Verkehrswert der Immobilie kann auch wichtig sein, wenn Sie die Immobilie Ihrem Partner im Wege der güterrechtlichen Auseinandersetzung übertragen und dem Finanzamt eine Grundlage bieten wollen, um eine eventuell anfallende Schenkungsteuer zu bemessen.

Wie wird eine Auslandsimmobilie bewertet?

Es ist für die Bewertung einer Immobilie unerheblich, ob Sie Ihre Immobilie im Ausland freihändig verkaufen, ob diese zwangsweise versteigert wird oder ob Sie die Immobilie aus Anlass Ihrer Trennung und Scheidung verwerten wollen. Geht es um den Zugewinnausgleich, kommt es darauf an, welchen Wert Ihre Immobilie besitzt. Sie haben verschiedene Optionen, wie Sie sich einigen könnten und wie Sie den Wert der Immobilie feststellen.

Der Verkehrswert der Immobilie beruht auf objektiven Kriterien und kann von der persönlichen Vorstellung oder subjektivem Empfinden abweichen. Es kommt vornehmlich auf die Lage der Immobilie, deren Nutzbarkeit und den baulichen Zustand an. Sie können die in Ihren Augen schönste Immobilie besitzen. Finden Sie dafür aufgrund der abgeschiedenen Lage der Immobilie keinen Kaufinteressenten, ist der Verkehrswert so gut wie Null. Umgekehrt kann eine halb verfallene Immobilie viele Kaufinteressenten anlocken und enorme Verkaufspreise lösen, wenn diese sich in einer bevorzugten Lage befindet und die Perspektive bietet, die Immobilie zu einem begehrten Objekt aufzuwerten.

Was ist der Unterschied zwischen einem Verkehrswertgutachten und einer Verkehrswertexpertise?

Die Verkehrswertexpertise für Immobilien im Ausland ist eine verkürzte Form eines Verkehrswertgutachten. Möglicherweise reicht eine solche Expertise bereits aus, damit Sie sich mit Ihrem Ehepartner verständigen können.

Die Expertise ist eine Art Gutachten, das sich auf das Wesentliche bestimmt, was Ihre Immobilie prägt. Sie erfolgt in einer gekürzten Schriftform und stellt damit eine kostengünstige Alternative zu einem im Regelfall umfassenderen Verkehrswertgutachten dar. Vor allem ist bei der Expertise keine Orts- und Objektbesichtigung notwendig. Der Gutachter beurteilt den Verkehrswert Ihrer Immobilie nach den Unterlagen und Fotos, die Sie zur Verfügung stellen.

Wie sollten Sie Ihre Immobilie vorzugsweise bewerten?

Sie können sich an diesen Schritten orientieren:

Sie einigen sich

Steht aus Anlass Ihrer Scheidung der Zugewinnausgleich zur Debatte, empfiehlt sich, dass Sie sich mit Ihrem Ehepartner einigen, mit welchem Verkehrswert die Immobilie in den Zugewinnausgleich eingerechnet wird. Jede Einigung vermeidet eine oft kostenträchtige und zeitaufwendige Auseinandersetzung. Um den Verkehrswert realistisch zu bemessen, könnten Sie ähnliche Objekte in vergleichbarer Lage miteinander vergleichen. Sie könnten Sie auch schlicht auf einen Betrag X einigen, den jeder Partner akzeptieren kann.

Sie beauftragen ein Schiedsgutachten

Ist eine Einigung schwierig, können Sie ein Verkehrswertgutachten oder eine Verkehrswertexpertise in Auftrag geben. Am kostengünstigsten ist es, wenn Sie sich auf einen gemeinsamen Gutachter einigen, den Sie gemeinsam beauftragen. Ihr Auftrag wäre auf ein Schiedsgutachten gerichtet. Sie müssen sich dazu verpflichten, die Ergebnisse des Gutachtens anzuerkennen. Der Gutachter stellt dann für beide Partner verbindlich den Verkehrswert der Immobilie fest. Auch damit vermeiden Sie eine gerichtliche Auseinandersetzung.

Praxistipp: Ein zusätzliches Problem kann darin bestehen, einen Gutachter zu finden, der kompetent und gewillt ist, Ihre Auslandsimmobilie zu bewerten. Soweit Sie einen Gutachter vor Ort beauftragen, müssen Sie entsprechende Sprachkenntnisse haben und sich darauf verlassen, dass der Gutachter kompetent ist und zuverlässig arbeitet. Sofern Sie dessen Gutachten gerichtlich verwenden wollen, müssen Sie es von einem amtlich bestellten und vereidigten Übersetzer in die deutsche Sprache übersetzen lassen. Insoweit kann es hilfreich sein, wenn Sie in Deutschland einen Gutachter beauftragen, der sich auf die Bewertung von Auslandsimmobilien spezialisiert hat.

Sie beauftragen ein Parteigutachten 

Natürlich haben Sie auch die Möglichkeit, dass Sie eigenständig ohne Einbeziehung Ihres Ehepartners ein Verkehrsgutachten beauftragen. Ein solches Gutachten ist dann aber ein reines Parteigutachten. Sie können es in einer gerichtlichen Auseinandersetzung nur wirklich verwenden, wenn auch der Partner das Ergebnis anerkennt. Ansonsten müssen Sie damit rechnen, dass das Gericht selbstständig ein Gutachten in Auftrag gibt und Ihr Parteigutachten nur eine unverbindliche Orientierung zur Bemessung des Verkehrswertes darstellt. Sie riskieren also, dass Sie über Ihr Gutachten hinaus auch noch den vom Gericht bestellten Gutachter bezahlen müssen.

Welcher Stichtag zählt für die Bemessung des Verkehrswertes?

Der Zugewinnausgleich und damit die Höhe der Ausgleichsforderung bestimmt sich nach dem Tag, an dem Ihr Scheidungsantrag Ihrem Ehepartner zugestellt und damit bei Gericht rechtshängig wird. Dieser Stichtag ist damit auch Stichtag für die Bemessung des Verkehrswertes. Steigt der Wert der Immobilie nach diesem Stichtag, bleibt der Wertzuwachs für den Zugewinnausgleich unberücksichtigt. Umgekehrt spielt auch ein Wertverfall keine Rolle.

Nach welchen Verfahren werden Verkehrswerte bemessen?

Beauftragen Sie einen Sachverständigen, für Ihre Immobilie ein Verkehrswertgutachten zu erstellen, kommen drei unterschiedliche Verfahren zur Feststellung des Verkehrswertes in Betracht. Handelt es sich bei Ihrer Auslandsimmobilie um ein selbstgenutztes Haus, wird das Verkehrsgutachten im Regelfall nach dem Sachwertverfahren erstellt. Dazu kalkuliert der Gutachter die Herstellungskosten des Gebäudes auf der Grundlage von empirisch erhobenen Vergleichsbauweisen zu einem bestimmten Stichtag. Grundlage ist derzeit unter anderem die Immobilienwert-Verordnung 2010. 

Ist Ihre Immobilie vermietet, so dass sich ein Ertrag feststellen lässt, kommt meist das Ertragswertverfahren zum Einsatz. Ein weiteres Verfahren ist das Vergleichswertverfahren. Dies kommt bei Objekten zur Anwendung, die auf Basis von Euro pro Quadratmeter gehandelt werden, insbesondere bei Grundstücken, Eigentumswohnungen oder nach Standardwerten gebauten Reihenhäusern.

Welche Rolle spielt die EU-Güterrechtsverordnung?

Die EU-Güterrechtsverordnung vom 29.1.2019 bestimmt den Güterrechtstatus der Ehepartner bei der Scheidung. Haben die Ehepartner nichts notariell Abweichendes vereinbart, gilt bis zum 29.1.2019 der gesetzliche Güterstand des Landes, deren Staatsangehörigkeit die Eheleute haben. Haben Sie nach diesem Zeitpunkt geheiratet, unterliegt Ihr Güterstand dem Recht des Staates, in dem Sie Ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort nach der Eheschließung haben. Das Problem dabei ist, dass sich im Hinblick auf den Zugewinnausgleich erhebliche Unterschiede ergeben können.

Beispiel: Hatten Sie in Italien geheiratet und dort Ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt, so galt bislang das deutsche Güterrecht und damit der Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Haben Sie nach dem 29.1.2019 geheiratet, kommt das italienische Güterrecht zum Tragen. Ausländische Rechtsordnungen beruhen oft auf der sogenannten Errungenschaftsgemeinschaft. Alles, was während der Ehe erworben wurde, gehört den Eheleuten gemeinsam. Um nachteilige Auswirkungen zu vermeiden, empfiehlt sich, bestenfalls bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung das für die Ehe und die potenziell mögliche Scheidung anwendbare Recht zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung können Sie auch noch im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung treffen.

Alles in allem

Vermögenswerte im Ausland sind meistens schwierig zu bewerten. Ihre Zugriffsmöglichkeiten sind möglicherweise beschränkt. Es empfiehlt sich im Regelfall, dass Sie auf eine einvernehmliche Regelung hinarbeiten und eine kaum kalkulierbare gerichtliche Auseinandersetzung möglichst vermeiden.

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Autor iurFRIEND®-Redaktion vgwort-pixel

Datum 21. Januar 2021

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