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Ausgleich ausländischer Renten bei Scheidung

Inwieweit werden ausländische Erwerbszeiten in der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt? Lassen Sie sich scheiden, führt das Familiengericht von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch. Beim Versorgungsausgleich werden Ihre Rentenanwartschaften und die Ihrer Ehepartnerin bzw. Ihres Ehepartners erfasst und untereinander aufgeteilt. Im Ergebnis erhält jeder Ehepartner, wenn er das Renteneintrittsalter erreicht, ungefähr die gleiche Rente. Der Versorgungsausgleich erfasst alle Anrechte auf Altersversorgung. Soweit Sie im Ausland berufstätig waren und im Ausland Rentenanwartschaften erworben haben, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Zeiten Ihrer Berufstätigkeit im Ausland in den Versorgungsausgleich einfließen und inwieweit der Ehepartner Anspruch darauf hat, dass diese Zeiten überhaupt berücksichtigt werden.

Inwieweit spielen ausländische Versicherungszeiten eine Rolle?

Waren Sie im Ausland berufstätig, können Ihre versicherungsrelevanten Zeiten auch in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung Berücksichtigung finden und damit zu inländischen gesetzlichen Rentenanwartschaften führen. Nach der EU-Verordnung Nr. 1408/71 werden Versicherungszeiten, die Sie in einem anderen Staat der Europäischen Union zurückgelegt haben, deutschen Versicherungszeiten gleichgestellt. Die Berücksichtigung im Ausland erworbener Versicherungszeiten kann insbesondere dazu führen, dass Sie die Mindestversicherungszeiten in Deutschland erreichen. Ob sich daraus eine erhöhte Rente in Deutschland gibt, steht auf einem anderen Blatt.

Ähnlich ist es mit ausländischen Versicherungszeiten, die nach dem sogenannten Fremdrentengesetz zu berücksichtigen sind. Zum begünstigten Personenkreis gehören insbesondere Aussiedler deutscher Volkszugehörigkeit. Die in deren Herkunftsstaat zurückgelegten Erwerbzeiten werden prinzipiell wie bundesdeutsche Versicherungszeiten behandelt, allerdings mit einem Abschlag von 40 % versehen.

Ansonsten stellt auch § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ausdrücklich klar, dass der Versorgungsausgleich die im Inland und Ausland bestehenden Anrechte erfasst.

Wie erfolgt die Einbeziehung ausländischer Anrechte in den Versorgungsausgleich?

Das Problem ist, die im Ausland erworbenen Rentenansprüche zu erfassen und aufzuklären. Sofern praktische Schwierigkeiten bestehen, die sich erfahrungsgemäß bei der Ermittlung solcher Anrechte ergeben, rechtfertigt es sich jedenfalls nicht, diese vom Versorgungsausgleich auszuschließen (BGH, FamRZ 2001, 284).

Das Familiengericht kann direkt beim ausländischen Versorgungsträger um Auskunft ersuchen. Um im Ausland entstandene Anwartschaften zu berechnen und einzuschätzen, wird sich das Gericht oft der Hilfe eines Sachverständigen bedienen müssen, der mit dem ausländischen Rentensystem vertraut ist. Der damit verbundene bürokratische Aufwand erweist sich oft als hoch und führt dazu, dass Ihr Scheidungsverfahren sich möglicherweise in ungeahnte Längen zieht.

In bestimmten Fällen, in denen unter Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen kein zuverlässiges Ergebnis erreicht werden kann, kann das Gericht die ausländischen Anrechte notfalls auch nach billigem Ermessen schätzen. Voraussetzung dafür ist, dass das Gericht Versicherungszeiten, Einkünfte und Versicherungsbeiträge kennt. Teils entscheiden Gerichte aber auch, dass in diesen Fällen ein Versorgungsausgleich „zur Zeit nicht stattfindet“. Andere verweisen auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

Was ist der schuldrechtliche Versorgungsausgleich?

Können Anrechte auf Altersversorgung nicht zuverlässig erfasst werden, können Sie schuldrechtlich auszugleichen sein. Beim schuldrechtlichen Ausgleich zahlt der ausgleichspflichtige Ehepartner eine Geldrente in Höhe des Ausgleichswerts an den ausgleichsberechtigten Ehepartner. Der ausgleichsberechtigte Ehepartner erwirbt also keine eigenen, vom ausgleichspflichtigen Ehepartner unabhängigen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung oder in einem anderen Versorgungsystem.

Mit dieser Option wird dem Problem Rechnung getragen, dass das deutsche Familiengericht nicht über ausländische Renten beschließen kann. Beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich sind die Parteien nicht auf die Entscheidung des Gerichts angewiesen, sondern können den Ausgleich selbst untereinander vereinbaren. Das Gericht kann den dazu notwendigen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausdrücklich anordnen.

Beispiel: Sie haben während Ihrer Ehe in der Deutschen Rentenversicherung Rentenanwartschaften von 500 EUR erworben. Ihr Ehepartner hatte anfangs seiner beruflichen Tätigkeit Rentenanwartschaften in Höhe von 300 EUR erworben und war danach 10 Jahre lang beruflich in Luxemburg tätig. In Luxemburg sind ihm Rentenanwartschaften in Höhe von 200 EUR entstanden.

Der vom Gericht durchzuführende Versorgungsausgleich erfasst Ihre in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften von insgesamt 800 EUR. Diese werden unter Ihnen aufgeteilt. Ihre ursprüngliche Rentenanwartschaft von 500 EUR reduziert sich um 100 EUR auf 400 EUR. Die Rentenanwartschaft Ihres Ehepartners in Höhe von ursprünglich 300 EUR erhöht sich um 100 EUR auf gleichfalls 400 EUR.

Wegen der in Luxemburg nicht ausgeglichenen Rentenanwartschaften ordnet das Gericht den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich an. Dies führt dazu, dass Ihr Ehepartner Ihnen monatlich die Hälfte seines in Luxemburg erworbenen Rentenanspruchs in Höhe von 100 EUR auszahlen muss. Sie können die Auszahlung erst beanspruchen, wenn Ihr Ehepartner das Rentenalter erreicht.

Das Problem dabei ist, dass Sie keine Rente bekommen, wenn Ihr ausgleichspflichtiger Ehepartner vorzeitig verstirbt. Die Rente in Luxemburg wird dann nämlich nicht mehr ausgezahlt. Darüber hinaus haben Sie das Problem, dass Ihre eigene Rente um 100 EUR gekürzt und Ihrem Ehepartner übertragen wurde, obwohl er nicht mehr lebt.

Sie können diese Problematik vermeiden, indem Sie untereinander vereinbaren, dass die Luxemburger Rente Ihres Ehepartners nicht ausgeglichen wird und Ihre gesetzliche Rente in Deutschland nur um einen geringeren Betrag als 100 EUR gekürzt wird. Eine Option kann auch darin bestehen, dass der ausgleichspflichtige Ehepartner eine Abfindung zahlt oder zu Ihren Gunsten eine Kapitallebensversicherung abschließt. Letzten Endes können Sie auch vollständig auf die Einbeziehung der Luxemburger Rente verzichten.

Geht es um die Gestaltung des Versorgungsausgleichs, empfiehlt es sich, in einer Scheidungsfolgenvereinbarung gegenseitige Absprachen treffen. Diese Vereinbarung müssen Sie notariell beurkunden oder im mündlichen Termin zu Ihrer Scheidung gerichtlich protokollieren lassen.

Eine Option kann auch darin bestehen, dass Sie das Familiengericht informieren, dass die Deutsche Rentenversicherung Ihre Rentenanwartschaften nur nach den Versicherungszeiten berechnet, die Sie in Deutschland zurückgelegt haben. Sie vermeiden damit, dass die Deutsche Rentenversicherung versucht, auch ausländische Versicherungszeiten aufzuklären und dadurch das Verfahren in die Länge zieht.

Alles in allem

Das System „Versorgungsausgleich“ ist komplex. Es wird noch komplexer, wenn bei der Scheidung ausländische Rentenanwartschaften einbezogen werden sollen. Möchten Sie Ihre Scheidung in absehbarer Zeit erledigen, empfiehlt es sich, den Versorgungsausgleich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung abzuklären. Sie sollten es nicht unbedingt darauf ankommen lassen und die schwierige Aufgabe dem Familiengericht überlassen, im Ausland erworbene Rentenanwartschaften in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

Artikel-Informationen

Autor Volker Beeden vgwort-pixel

Datum 16. Juli 2020

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