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Scheidung

Wie wäre das Urteil über Entschädigung gegen Altkanzler Schröder in Deutschland ausgefallen?

Altkanzler Gerhard Schröder soll nach dem Urteil eines Familiengerichts in der südkoreanischen Stadt Seoul dem Ex-Mann seiner heutigen Ehefrau Soyeon Schröder-Kim 30 Millionen Won Entschädigung (ca. 22.100 EUR) zahlen. Grund ist, dass der Ex-Mann Schröder dafür verantwortlich macht, dass seine Ehe mit Soyeon Schröder-Kim gescheitert sei. Schröder habe die Beziehung mit Kim begonnen, als diese noch verheiratet gewesen sei. Außerdem hätten er und Kim sich unter der Voraussetzung scheiden lassen, dass sie ihre Beziehung mit Schröder beende.

Auch wenn die Meldung in der Boulevardpresse Wellen schlägt, ergeben sich daraus eine Reihe interessanter rechtlicher und gesellschaftlicher Fragen. Insbesondere ist zu klären, welche Bedeutung das Urteil für Gerd Schröder hat und wie es überhaupt nach deutschem Scheidungsrecht zu beurteilen ist.

Entschädigung wegen Ehebruch

Das Urteil beruht auf südkoreanischem Recht. Danach waren außereheliche Beziehungen bis ins Jahr 2015 strafbar und konnten sogar mit Haftstrafen geahndet werden. Auch heute besteht noch das Risiko, für Eheverfehlungen und Ehebruch zumindest zivilrechtlich haftbar gemacht zu werden.

Südkorea ist mit solchen Regelungen kein Einzelfall. Auch in Hawaii, New Mexico, South Dakota, Utah und Mississippi existieren ähnliche Vorschriften, auf denen allein in North Carolina jedes Jahr 200 Klagen auf Schadensersatz eingereicht werden.  Ein Richter im Bundesstaat North Carolina sprach einem gehörnten Ehemann in 2018 8,8 Millionen Dollar als Schadensersatz zu, weil der betrogene Ehepartner „allergrößten emotionalen Stress“ geltend machte, ein Arzt ihm „posttraumatische Belastungsstörungen“ diagnostizierte und seine Firma wegen der Ehekrise finanzielle Verluste erlitten habe. In North Carolina ist Ehebruch nämlich nach wie vor eine schwerwiegende Straftat.

Vergleich zwischen südkoreanischem und deutschem Scheidungsrecht

Doch wie sieht es aus, wenn man das südkoreanische Urteil mit dem deutschen Scheidungsrecht vergleicht? Wenn man einen Blick in die Vergangenheit wirft, zeigen sich Parallelen: Denn auch das deutsche Scheidungsrecht betrachtete den Ehebruch in früheren Zeiten als ein vorwerfbares Verhalten.

Bis zur Reformation war die katholische Ehelehre alleinbestimmend. Ehebruch und Eheverfehlungen konnten Anlass sein, den schuldigen Ehepartner strafrechtlich und zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen. Auch das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 erlaubte noch Scheidungsstrafen. So war es möglich, dass der „unschuldige Teil“ mit einem Sechstel des Vermögens des „schuldigen“ Ehegatten abgefunden wurde (§ 786 ALR). Erst das im Jahr 1976 eingeführte Zerrüttungsprinzip führte dazu, dass das bislang geltende Verschuldensprinzip abgelöst wurde und die Verschuldensfrage bei der Scheidung heutzutage keine Rolle mehr spielt.

Eheliche Verfehlungen sind zwar die Ursache dafür, dass die Beziehung der Ehepartner in die Brüche geht, spielen aber keine Rolle, wenn ein Ehepartner die Scheidung beantragt. Irgendwelche Schadensersatzpflichten lassen sich mit der Scheidung und einer eventuell damit einhergehenden ehelichen Verfehlung nicht begründen. Es zählt allein, dass die Ehe zerrüttet und damit gescheitert ist.

Warum gibt es in Deutschland keine Entschädigung bei der Scheidung?

Wollte man einen ehebrecherischen Ehepartner schadensersatzrechtlich verantwortlich machen, würde dies dazu führen, dass die Ehepartner vor Gericht darüber streiten, wer denn genau das Scheitern der Ehe zu verantworten hat. Die Ehepartner sähen sich gezwungen, vor Gericht und ihren Anwälten alles Private und Intime auszubreiten, nur um einen Anspruch auf Entschädigung zu begründen oder einen solchen Anspruch abzuwehren.

Diese Art „schmutzige Wäsche zu waschen“ wollte der deutsche Gesetzgeber mit der Einführung des Zerrüttungsprinzips gerade vermeiden. Die Ehe wird ausschließlich als ein höchstpersönliches Verhältnis der Ehepartner begriffen. Ist die Ehe zerrüttet und damit gescheitert, wäre es zumindest für einen der Ehepartner nicht zuzumuten, die eheliche Lebensgemeinschaft trotz Zerrüttung zwangsweise fortsetzen zu müssen.

Demgemäß setzte die Kritik am ursprünglich bestehenden Verschuldensprinzip daran an, dass es zur Aufrechterhaltung innerlich nicht mehr existenter Ehen führte und wenigstens einen Ehepartner dazu verführte, Scheidungsgründe vorzuspielen und das Scheidungsverfahren so in ein kaum kalkulierbares Verfahren zu verwandeln.

Auch könne sich ein Partner veranlasst sehen, die Ehe trotz unüberbrückbaren Differenzen bis in alle Ewigkeit fortzusetzen, wenn er oder sie befürchten müsste, der neue Partner müsste Schadensersatz leisten. Der Ehepartner wäre geradezu erpressbar. Eine solche Situation widerspricht dem den Gesetzen zugrunde liegendem Verständnis von Ehe und ehelicher Lebensgemeinschaft.

Auch wenn Sie die Ehe als einen Vertrag begreifen, durch den sich die Ehepartner zur ehelichen Lebensgemeinschaft auf Lebenszeit verpflichten, ergibt sich daraus keine andere Betrachtungsweise. Selbst wenn die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird, schränkt das deutsche Scheidungsrecht dieses Ziel ein, indem es die Scheidung erlaubt. Wenn ein Vertrag ordnungsgemäß gekündigt wird, kann sich daraus logischerweise kein Anspruch auf Schadensersatz ableiten lassen.

Muss Gerd Schröder die Zwangsvollstreckung befürchten?

Die Verurteilung Gerhard Schröders zur Zahlung einer Entschädigung beruht auf südkoreanischem Recht. Soweit er sich in Südkorea aufhält und nicht bereit wäre, diese Entschädigung zu zahlen, müsste er wahrscheinlich mit einer zwangsweisen Vollstreckung rechnen.

In Deutschland allerdings dürfte das Urteil nicht vollstreckungsfähig sein. Grund ist, dass das Urteil dem deutschen Scheidungsrecht widerspricht. Insoweit braucht Gerhard Schröder in Deutschland sicherlich nicht mit Vollstreckungshandlungen zu rechnen.

Kann man sich unter Bedingungen scheiden lassen?

Das südkoreanische Urteil wirft auf die Frage auf, ob Sie in Deutschland Ihr Scheidungsverfahren mit Bedingungen verknüpfen können. Soyeon Schröder-Kim und ihr Ex-Mann haben wohl vereinbart, dass sie sich nur unter der Voraussetzung scheiden lasse, dass sie ihre Beziehung mit Schröder beende.

In Deutschland können Sie Ihr Scheidungsverfahren nur in dem Rahmen führen, den das Gesetz vorgibt. Eine Bedingung, wie sie Soyeon Schröder-Kim und ihr Ex-Mann vereinbarten, wäre nach deutschem Scheidungsrecht nicht möglich. Danach können Sie auch gegen den Widerspruch des Ehepartners spätestens nach drei Jahren Trennung bedingungslos geschieden werden. Es ist also nicht möglich, die Zustimmung zur Scheidung von irgendwelchen Voraussetzungen oder Bedingungen abhängig zu machen.

Ungeachtet dessen bleibt Ihnen die Option unbenommen, in einer Scheidungsfolgenvereinbarung Ihre Rechte und Pflichten zu verhandeln, die Sie im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung geregelt wissen möchten. Voraussetzung ist jedoch, dass Sie sich im Rahmen des Scheidungsrechts bewegen.

So wäre es nicht möglich, dass Sie auf Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich verzichten, wenn Sie wirtschaftlich darauf angewiesen sind und dafür keine angemessenen Gegenleistungen erhalten. Auch könnten Sie nicht einfach darauf verzichten, für Ihr gemeinsames Kind den Kindesunterhalt geltend zu machen, wenn der Ehepartner im Gegenzug auf sein gesetzliches Umgangsrecht verzichtet.

Neue Beziehung noch vor der rechtskräftigen Scheidung?

Spätestens, wenn Ihre Scheidung rechtskräftig ist, können Sie wieder heiraten. Solange Sie noch nicht rechtskräftig geschieden sind, ist eine erneute bzw. weitere Hochzeit nicht möglich. Eine Beziehung können Sie jedoch auch schon vorher eingehen, diesbezüglich gibt es im deutschen Recht keine Vorschriften. Die emotionale Bereitschaft für eine neue Beziehung ist für jeden Menschen ganz individuell und auch die Reaktionen im Umfeld fallen ganz unterschiedlich aus. Es kann durchaus sein, dass es gesellschaftlich in einigen Kreisen nicht gern gesehen wird, wenn man sich nach der Trennung oder Scheidung kurzfristig mit einem neuen Partner an der Seite zeigt. Hier ist jedoch zwischen sozialen und rechtlichen Aspekten zu unterscheiden – der Fall von Altkanzler Schröder zeigt, dass die Grenzen je nach Rechtsordnung anders gesetzt werden können.

Alles in allem

Sie sehen: Insbesondere bei binationalen Scheidungen kann es auf die Details in der jeweiligen Rechtsordnung ankommen. In Deutschland hätte das Gericht dem Ex-Mann der jetzigen Ehefrau von Altkanzler Gerhard Schröder jedenfalls keine Entschädigung zugesprochen, da das Scheidungsrecht anders gestaltet ist. Sind Sie ein deutsch-südkoreanisches Paar und streben die Scheidung an, sollten Sie sich rechtzeitig über das Scheidungsrecht der beiden Länder informieren, um das Verfahren bestmöglich abzuwickeln. 

Artikel-Informationen

Autor iurFRIEND®-Redaktion vgwort-pixel

Datum 8. Juni 2021

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