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Unterhaltsschulden in Paraguay ab sofort öffentlich einsehbar

Wer in Paraguay Unterhaltsschulden hat, wird in ein im Oktober 2022 eingerichtetes Unterhaltsschuldenregister eingetragen. Dieses Register ist öffentlich für jedermann einsehbar und führt mithin dazu, dass säumige Unterhaltsschuldner, die die Eheschließung vollziehen wollen, bei der standesamtlichen Trauung in Anwesenheit der Trauzeugen auf ihre Unterhaltsschulden hingewiesen werden und keinen Führerschein beantragen oder den Führerschein verlängern können. Das Unterhaltsstrafregister wird beim Obersten Gerichtshof geführt (Quelle: Wochenblatt in Asunción).

Stand April 2023 waren im Register 244 Personen eingetragen, davon 98 % Männer und fünf Frauen. Die Liste sei nach Angaben der Öffentlichkeitsbeauftragten des Obersten Gerichtshofs, Bianca Gimenez, sehr dynamisch, da neue Namen ständig hinzukommen und andere Schuldner nach Zahlung ihrer Unterhaltsschulden aus dem Register gestrichen werden. Grund für die Zahlungen sei offensichtlich, dass die im Register eingetragenen Personen Schwierigkeiten hätten, bestimmte Dokumente zu beschaffen. Zugleich hätten 47.000 Personen beantragt, sich ein positives Zertifikat ausstellen zu lassen und zu dokumentieren, dass keine Unterhaltsschulden bestehen.

Die Registrierung im Unterhaltsschuldenregister hat also weitreichende Konsequenzen. Wer heiraten will, wird kaum daran interessiert sein, dass der Standesbeamte in Anwesenheit der Trauzeugen mitteilt, dass der Ehepartner Unterhaltsschulden hat und im Unterhaltsschuldenregister eingetragen ist. Da der Führerschein aus dem Lebensalltag kaum wegzudenken ist, werden sich Schuldner genötigt sehen, ihre Schulden zu bezahlen, wenn sie einen Führerschein beantragen oder verlängern wollen. Auch der Kauf von Grundstücken oder die Beantragung von staatlichen Wohnungsbaudarlehen, die der notariellen Beurkundung bedürfen, ist ausgeschlossen. Interessierte Bürger können auf der Webplattform einsehen, ob eine Person in dem Verzeichnis benannt ist oder nicht.

Ist ein Unterhaltsschuldenregister auch in Deutschland möglich?

Das Unterhaltsschuldenregister, so wie es in Paraguay geführt wird, stellt Unterhaltsschuldner an den Pranger. Da jedermann einsehen kann, ob eine Person Unterhaltsschulden hat, dürfte sich mancher Unterhaltspflichtiger befleißigt sehen, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Ein solches Register dürfte in Deutschland aber auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen. Es ist anzunehmen, dass es mit dem Datenschutzrecht nicht zu vereinbaren wäre, eine Person derartig anzuprangern. Es könnte auch gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen, eine Person wegen ihrer Unterhaltsschulden in öffentlicher und für jedermann einsehbarer Form zu registrieren. Trotzdem erscheint es interessant, sich über den Sinn und Zweck eines solchen Registers Gedanken zu machen.

In Deutschland gibt es allgemein das Schuldnerregister. Darin werden Personen eingetragen, gegen die zwangsweise aufgrund eines rechtsverbindlichen Titels die Zwangsvollstreckung betrieben wurde. Behörden, insbesondere Gerichtsvollzieher, aber auch Gläubiger, die hierfür ein berechtigtes Interesse dartun, haben ein Einsichtsrecht. Eine Einsichtnahme ohne berechtigtes Interesse ist ausgeschlossen.

Die Eintragung in das deutsche Schuldnerregister führt aber nicht dazu, dass die Tatsache der Eintragung berücksichtigt wird, wenn es beispielsweise darum geht, die Eheschließung im Standesamt zu vollziehen oder den Führerschein zu beantragen oder sonstige staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Letztlich könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass die Eintragung in ein öffentliches und für jedermann einsehbares Schuldenregister einen erheblichen Druck auf den Schuldner ausüben könnte, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Dabei sollte aber berücksichtigt werden, dass nicht jeder Schuldner vorsätzlich seine Schulden nicht bezahlt. Oft reicht das verfügbare Einkommen schlichtweg nicht aus, um Schulden zu bedienen. Wer dann zusätzlich noch in ein derartiges Register eingetragen werden würde, hätte es möglicherweise noch schwieriger, beispielsweise nach finanziellen Rückschlägen wieder Fuß zu fassen oder seine finanziellen Verhältnisse zu ordnen. 

Alles bedarf der Abwägung. Dabei geht es darum, das Persönlichkeitsrecht des Unterhaltsschuldners gegen das Interesse der unterhaltsberechtigten Person abzuwägen. Jedes Ergebnis ist sicherlich subjektiv und hat sich in Deutschland insoweit niedergeschlagen, als der Gesetzgeber das Schuldnerregister eingeführt hat. Wer die positiven und negativen Aspekte eines öffentlichen und für jedermann einsehbaren Schuldenregisters abwägt, sollte eigentlich zu dem Ergebnis kommen, dass der Zweck nicht unbedingt die Mittel heiligt.

Vielleicht lassen sich die Gegebenheiten auch mit der Schufa vergleichen. Wer in der Schufa mit negativen Merkmalen eingetragen ist, hat es erfahrungsgemäß schwer, sich in sozialer, wirtschaftlicher und beruflicher Hinsicht angemessen zu bewegen und muss erhebliche Einschränkungen hinnehmen. Da die Daten über Jahre gespeichert werden, sind viele Schuldner gehindert, sich wirtschaftlich zu entwickeln.

Oder wenn man die Situation mit einem Straftäter vergleicht, bei dem die Resozialisierung und Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben maßgebliches Ziel ist, sollte es einem Schuldner, und insbesondere einem Unterhaltsschuldner, nicht unbedingt noch schwerer gemacht werden, sein Leben zu gestalten. Die Optionen, den Unterhaltsschuldner im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch zu nehmen oder ihn oder sie wegen der Unterhaltsschulden strafrechtlich zu verfolgen, sollten insoweit ausreichend sein.

Alles in allem

Wie dem auch sei, lieber Leser, das Unterhaltsschuldenregister in Paraguay ist eine interessante Option. Sie sollte aber nicht als der Weisheit letzter Schluss verstanden werden. Die Frage ist immer, wie sich derartige Gegebenheiten weiterentwickeln. In der Konsequenz könnte dies dazu führen, dass jeder, der für irgendwas Verantwortung trägt, in ein Register eingetragen wird. Schließlich muss es darum gehen, dass wir nicht alle irgendwie gläserne Bürger werden und das Persönlichkeitsrecht immer weiter entwertet wird.

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Autor iurFRIEND-Redaktion vgwort-pixel

Datum 27. Juli 2023

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